Lüneburg. Die Erfahrungen von Frauen, die sich in Deutschland für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, sind oft von Ungewissheit und Schwierigkeiten geprägt. Julia Meiner, 19 Jahre alt, beschreibt ihren Schock, als sie einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand hielt. „Das passt gerade überhaupt nicht in mein Leben, war das Erste, was ich gedacht habe“, so die junge Frau.
Im Jahr 2022 wurden in Deutschland über 100.000 Schwangerschaftsabbrüche registriert, davon etwa 250 in Lüneburg. Corinna Heider-Treybig von Pro Familia hat im Laufe ihrer 20-jährigen Tätigkeit beobachtet, dass die medizinische Versorgung in Lüneburg unzureichend ist. „In Lüneburg gibt es nur zwei Einrichtungen, die Abbrüche durchführen, während andere Städte wie Uelzen mehr Möglichkeiten bieten“, teilte sie mit.
Schwierigkeiten der Frauen
Die infrastrukturellen Probleme in der Stadt führen dazu, dass viele Frauen Schwierigkeiten haben, zeitnahe Termine für ihre Behandlung zu bekommen. Viele von ihnen sind gezwungen, in andere Städte zu reisen, zum Teil sogar nach Hamburg. „Manche Frauen sprechen kein Deutsch, können sich den Transport nicht leisten oder haben niemanden, der sie nach dem Eingriff abholt“, erklärt Heider-Treybig.
Die Pflichtberatung, die mehr als 350 Frauen jährlich in Lüneburg in Anspruch nehmen, scheint oft eine Form von Vorentscheidung zu sein. Alena Guzy von Donum Vitae bestätigt: „Wenn sie zu uns kommen, haben die meisten Betroffenen bereits eine Entscheidung getroffen.“ Marie List, 39 Jahre alt, berichtete von ihrer negativen Erfahrung bei einem Klinikum, wo sie von Mitarbeitenden mit Schuldgefühlen konfrontiert wurde. Eine Gynäkologin aus Lüneburg teilt mit, dass medikamentöse Abbrüche in der Stadt zwar seit September 2023 angeboten werden, es jedoch politisch nicht tragbar sei, dass nur eine Praxis diese durchführt.
Lena Meese, 31 Jahre, schilderte ihre Sorgen, die durch lange Wartezeiten für einen Termin beim lokalen Klinikum entstanden. „Ich musste für meine Abtreibung nach Hannover fahren. Das war nicht ideal, denn ich wollte keinen operativen Eingriff“, erinnert sie sich.
Herausforderungen für medizinische Einrichtungen
Prof. Peter Dall, Chefarzt der Lüneburger Frauenklinik, bestätigte, dass Frauen oft länger auf einen Termin warten müssen. „Die hohe Auslastung entsteht durch unsere Spezialisierung auf Krebserkrankungen. Dringliche Untersuchungen haben Vorrang“, sagte Dall. Dennoch wird keine Frau abgewiesen, die eine Abtreibung wünscht.
Eine Anforderung zur Verbesserung der Situation ist eine höhere Vergütung für Abbrüche. Eine anonym bleibende Gynäkologin erklärte, dass die Vergütung in Niedersachsen im Vergleich zu Hamburg deutlich geringer sei. Dies führt dazu, dass einige Praxen weniger Abbrüche durchführen, was die Versorgungsproblematik weiter verstärkt. „Das ist nicht haltbar, es haben nicht genug Praxen die Möglichkeit, dies anzubieten“, betonte sie.
Zusammenfassend ist die Lage der Abtreibungsversorgung in Lüneburg angespannt, was Frauen in schwierigen Lebenssituationen vor zusätzliche Hürden stellt. Vorschläge zur Entkriminalisierung von Abtreibungen könnten in Zukunft zu einer Verbesserung führen. Eine Expertenkommission empfiehlt bereits eine Gesetzesänderung, doch die Bundesregierung hat noch keine konkreten Schritte angekündigt.
*Die echten Namen der befragten Personen sind der Redaktion bekannt. Weitere Informationen finden Sie im ausführlichen Beitrag auf www.landeszeitung.de.