Im Korbmuseum Michelau hielt Professor Günter Dippold vor einem begeisterten Publikum einen aufschlussreichen Vortrag über die Reisepraktiken um 1800. Vorsitzender der CHW-Bezirksgruppe Thilo Hanft begrüßte zahlreiche Interessierte, die mehr über die damaligen Reisegewohnheiten erfahren wollten.
Professor Dippold startete seine Ausführungen mit dem Zitat „Reisen nützet viel“ von Jean Paul, das die Bildung und nicht die geschäftlichen Aspekte des Reisens betont. Reisen war für die Menschen damals vielfältig; sowohl Handelsreisen als auch Bildungsreisen spielten eine wichtige Rolle. So reisten zum Beispiel Korbmacher aus dem Obermain mit beladenen Schubkarren bis nach Norddeutschland, während Flößer aus dem Frankenwald Holz bis zum Rhein brachten. Auch italienische Händler waren aktiv und boten Südfrüchte und Galanteriewaren an.
Reisemotive und Bildungsreisen
Ein bedeutendes Augenmerk des Vortrages lag auf den verschiedenen Reisemotiven. Adelige schickten ihre Söhne oft auf Bildungsreisen, was im 16. Jahrhundert gängig war, während Handwerksgesellen nach ihrer Lehre auf Wanderschaft gingen, um Wissen zu erlangen. Diese Reisen hatten nicht nur einen praktischen Nutzen, sondern waren auch mit geschichtlichen und ideellen Erkenntnissen verbunden. Während manche Leute Bedenken äußerten, dass Geld ins Ausland abfloss, argumentierte Dippold, dass die zurückkehrenden Erfahrungen und Talente diesen Verlust mehr als ausglichen.
Die späten 1700er Jahre waren eine Blütezeit für Reiseberichte, da das Beobachten und dokumentieren während der Reisen sehr geschätzt wurde. Reisen sollte also nicht ziellos sein; vielmehr war es wichtig, mit einem klaren Ziel und Blick auf Bildung zu reisen.
In dieser Zeit war eine verbreitete Form des Reisens die Wallfahrt, die sowohl spirituell motiviert als auch durch das allgemeine Fernweh angestoßen wurde. Jedoch wurde das Wallfahren 1803 vom bischöflichen Ordinariat untersagt, was Dippold mit dem Grund anführte, dass oft mehr negative als positive Aspekte dabei auftauchten.
Transportmittel im 18. Jahrhundert
Dippold erklärte weiterhin, wie die Menschen um 1800 reisten. Zu Fuß war es die gebräuchlichste, aber anstrengendste Methode, besonders mit Gepäck. Alternativ gab es die Möglichkeit, Postkutschen zu nutzen, die eine neuere Transportform darstellten. Diese Kutschen transportierten Briefe, Pakete und Reisende zwischen festgelegten Posthaltereien, die etwa 15 bis 30 Kilometer voneinander entfernt lagen. Fahrer mit Ortskenntnis waren dringend zu empfehlen, um sich nicht zu verirren, vor allem nicht in den oft schlechten Wegverhältnissen.
Die Kutschen boten ein schnelleres und komfortableres Reisen im Vergleich zu Fuß, waren aber nicht billig – eine Fahrt von Bamberg nach Erlangen kostete den Gegenwert von 60 Maß Bier. Angesichts dieser Kosten wählten viele Leute die fußläufige Reise, auch wenn dies beschwerlich war.
Ein schöner Aspekt des Reisens war der Austausch mit den Einheimischen. Doch Dippold warnte, dass man sich auf lokale Auskünfte nicht immer verlassen konnte, besonders in Oberfranken. Reisenden begegneten oft sehr unterschiedliche Bedingungen, ob sie nun im Hotel übernachteten oder im Schuppen einer Wirtschaft schlafen mussten.
Ein weiterer Blick widmete sich der revolutionären Änderung, die die Eisenbahn mit sich brachte. Diese neue Transportform beschleunigte das Reisen enorm und machte die Postkutschen schnell unprofitabel. Professor Dippold erinnerte daran, dass Reisen durch die Eisenbahn grundlegend transformiert wurde und dass alltägliche Reisen im 19. Jahrhundert viele der Herausforderungen und Mühen der vorherigen Generationen überwinden konnten.
Zum Abschluss zitierte er den Dichter Matthias Claudius mit den Worten: „Wenn einer eine Reise thut, so kann er was verzählen“. Der Vortrag fand großen Anklang und das Publikum applaudierte begeistert, bevor eine spannende Diskussion über das Thema entstand. Zudem bot sich die Gelegenheit, die Sonderausstellung „Rumgekommen“ zu besuchen, was ebenfalls auf reges Interesse stieß.
Für alle, die mehr über das Reisen um 1800 erfahren möchten, bietet m.obermain.de umfassende Informationen.