Große Protestwelle in Serbien: Tausende rufen 'Erhebe dich, Serbien!'

Tausende demonstrieren in Serbien für vorgezogene Neuwahlen. Studenten fordern Verantwortung nach tödlichem Unglück.
Tausende demonstrieren in Serbien für vorgezogene Neuwahlen. Studenten fordern Verantwortung nach tödlichem Unglück.

Novi Sad, Serbien - Tausende Menschen demonstrieren in ganz Serbien für vorgezogene Parlamentswahlen. Unter dem Motto „Erhebe dich, Serbien!“ findet eine breite Protestbewegung statt, die in Städten wie Belgrad, Novi Sad, Nis, Kraljevo und über 25 weiteren Orten organisiert wird. Während der Proteste wird um 20.00 Uhr bei allen Kundgebungen ein Text verlesen, der die Neuwahlen als entscheidenden Wendepunkt für das Land bezeichnet. Diese Protestwelle hält bereits seit über einem halben Jahr an.

Der Auslöser der Proteste war der dramatische Einsturz eines frisch renovierten Bahnhofsvordachs in Novi Sad am 1. November 2024, bei dem 16 Menschen starben. Unabhängige Experten sowie Anhänger der Opposition machen Schlamperei und Korruption unter Präsident Aleksandar Vučić verantwortlich. Die Protestbewegung wird seit Mitte November vor allem von Studenten getragen, die Universitäten besetzt haben und zu Demonstrationen und Straßenblockaden aufrufen. Immer mehr Bürger aus verschiedenen Bevölkerungsschichten schließen sich den Protesten an.

Hintergrund der Proteste

Diese Proteste sind das Ergebnis von Unzufriedenheit, die sich seit dem letzten Herbst aufgebaut hat. Kritiker werfen der Regierung Korruption vor, die als Grund für das Unglück am Bahnhof identifiziert wird. Das Bahnhofsgebäude wurde kurz vor dem Einsturz saniert und im Juli 2024 wieder in Betrieb genommen. Die größte Demonstration dieser Protestwelle fand Mitte März 2025 in Belgrad statt, bei der Schätzungen zufolge zwischen 275.000 und 325.000 Teilnehmer auf die Straßen gingen, während das Innenministerium die Zahl auf etwa 100.000 bezifferte.

Die Protestaktionen wurden zunächst von Studenten organisiert, die Verantwortung und Aufklärung forderten. Bereits vor den Protesten ging die Polizei hart gegen Demonstranten vor, was zu einer weiteren Verstärkung der Protestbewegung führte. Bei den Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Anhängern der Regierungspartei SNS kam es zu Zusammenstößen.

Regierung unter Druck

In Reaktion auf die Proteste kündigte die Regierung eine Anti-Korruptionskampagne an. Ministerpräsident Miloš Vučević und zwei Minister traten im Zuge der Proteste zurück, wobei Vučević einen Angriff auf eine Studentin in Novi Sad als Grund für seinen Rücktritt angab. Trotz dieser Maßnahmen weist die Regierung die Vorwürfe der Bestechung und Inkompetenz zurück und spricht von ausländischer Einmischung.

Präsident Aleksandar Vučić, der seit 2017 im Amt ist und seit insgesamt zwölf Jahren in wechselnden Funktionen die Geschicke des Landes steuert, ruft zum Dialog auf. Gleichzeitig macht er ausländische Einflussnahme für die Proteste verantwortlich. Unter seiner Führung kontrolliert die Regierung die Medien, die Justiz und die Polizei. Zudem werden Schlägertrupps, die seiner Partei zuzuschreiben sind, beschuldigt, die Opposition zu attackieren.

Die Studentenbewegung fordert zeitnahe Neuwahlen, während Vučić bislang lediglich eine Wahl in anderthalb Jahren in Aussicht gestellt hat. Die Aggregation der Bürgerproteste verdeutlicht die weitreichende Unzufriedenheit über die gegenwärtige politische Situation in Serbien.

Weitere Details zu dieser Entwicklung finden Sie bei vienna.at, spiegel.de und deutschlandfunk.de.

Details
Vorfall Protest
Ursache Korruption, Schlamperei
Ort Novi Sad, Serbien
Quellen