Deutschlands Führer kritisiert Israels Verhalten im Gazastreifen

Nach jahrzehntelanger Unterstützung Israels steht Deutschland aktuell im Fokus internationaler Debatten. Die dunkle Geschichte der jüdischen Verfolgung prägt die moderne deutsche Außenpolitik, in der das kaum hinterfragte Bekenntnis zu Israel eine zentrale Rolle spielt.
Der Einfluss aktueller Ereignisse
Nach den Angriffen der Hamas am 7. Oktober 2023 wurde die Frage nach Deutschlands politischer und militärischer Unterstützung für Israel neu aufgeworfen. Der damalige Kanzler Olaf Scholz hatte diese Unterstützung bekräftigt. Doch die jüngsten Äußerungen des neuen Kanzlers Friedrich Merz haben die Diskussion über die Unterstützung Deutschlands für Israel neu entfacht.
Kritik an Israels Militäraktionen
„Wir sind erschüttert über das Schicksal der Zivilbevölkerung und das schreckliche Leiden, das die Zivilbevölkerung in Gaza erträgt“, äußerte Kanzler Merz während eines Besuchs in Turku, Finnland. Diese scharfe Wende in Merz‘ Ton gegenüber Israel wirft Fragen auf. Laut Peter Lintl, einem Analysten des Deutschen Instituts für Internationale und Sicherheitspolitik, wollte Merz zunächst Gespräche mit israelischen Führern aufnehmen, um die politischen Strömungen zu verstehen, bevor er seine eigene Position klärt.
Lintl stellt fest: „Die Schlussfolgerung, die die meisten Länder der Welt gezogen haben, ist, dass es sich um einen schrecklichen Krieg handelt, dessen Ziele nicht mehr klar sind.“ Merz hinterfragte in seinen Äußerungen auch die aktuellen Handlungen der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte in Gaza und sagte: „Ich sehe keine Logik mehr, wie sie dem Ziel dienen, den Terror zu bekämpfen und die Geiseln zu befreien. In dieser Hinsicht betrachte ich das, was in den letzten Tagen geschehen ist, sehr kritisch.“ Zudem warnte er vor einer dünn verschleierten Drohung an die israelische Regierung und betonte, dass sie nichts unternehmen dürfe, was ihre engsten Freunde nicht mehr akzeptieren könnten.
Deutschlands langjährige Unterstützung für Israel
Die Veränderung im Tonfall ist besonders auffällig, wenn man die langfristige Haltung Deutschlands zu Israel betrachtet, die eng mit dem Konzept der „Staatsraison“ verbunden ist. Diese Theorie wurde von der ehemaligen Kanzlerin Angela Merkel 2008 geprägt, als sie dem Knesset erklärte, dass die „historische Verantwortung Deutschlands Teil des nationalen Interesses ist. Für mich bedeutet das, dass die Sicherheit Israels niemals verhandelbar ist.“ Ähnliche Formulierungen verwendete auch Scholz nach den Angriffen der Hamas, bei denen mehr als 1.200 Menschen in Israel getötet und 250 weitere entführt wurden.
Seit Merkels Ansprache hat der Begriff „Staatsraison“ an Bedeutung gewonnen. Lintl erklärt: „Es schien, als müsse jeder respektierte Politiker diesen Begriff verwenden, um zu signalisieren, dass die Sicherheit Israels deutsche Staatsraison ist. Es ist die Mindestanforderung, mit der wir uns von der Vergangenheit distanzieren.“ Diese „Vergangenheit“ bezieht sich großteils auf den Holocaust, in dem die Nazis mehr als 6 Millionen Juden ermordeten.
Die Zukunft der deutsch-israelischen Beziehungen
In Finnland betonte Merz, dass er die Staatsraison nicht vollständig aufgebe. „Die Sicherheit und Existenz Israels sind, wie wir seit vielen Jahren und Jahrzehnten sagen, Teil unserer deutschen Staatsraison.“ Es bleibt jedoch unklar, wie sich das Verhältnis zwischen Merz und Israel entwickeln wird. Trotz seiner neuen Position hat Merz erklärt, dass er weiterhin im Dialog mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu bleiben möchte und Wege finden werde, damit dieser Deutschland besuchen kann, trotz des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs gegen ihn.
Aktuell sind die Reaktionen aus Israel eher zurückhaltend und respektvoll. Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, erklärte am Dienstagmorgen im deutschen Fernsehen: „Wenn jemand Israel kritisiert, und wenn Friedrich Merz diese Kritik übt, dann hören wir sehr genau zu, denn er ist ein Freund.“
Inke Kappler hat zur Berichterstattung beigetragen.
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