Verhaltensökonom Ernst Fehr: Revolution der Wirtschaft durch Experimente!

Ernst Fehr spricht am 16. Mai 2025 in Wien über empirische Forschung in der Wirtschaftswissenschaft. Insights zu Konsumentenverhalten.
Ernst Fehr spricht am 16. Mai 2025 in Wien über empirische Forschung in der Wirtschaftswissenschaft. Insights zu Konsumentenverhalten.

Wien, Österreich - Ernst Fehr, ein führender Verhaltensökonom und Professor an der Universität Zürich, hat am 16. Mai 2025 einen Festvortrag bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien gehalten. Unter dem Titel „Die empirische und verhaltenswissenschaftliche Revolution in den Wirtschaftswissenschaften“ thematisierte Fehr die grundlegenden Veränderungen innerhalb der Disziplin, die durch empirische Forschung und Experimente hervorgerufen wurden. In seiner Ansprache stellte Fehr fest, dass die letzten 50 Jahre durch eine revolutionäre Entwicklung geprägt sind, die durch leistungsfähige Computer und moderne empirische Methoden ermöglicht wurde. Diese Fortschritte erlauben es Forschern, kausale Zusammenhänge präzise zu testen und zu verstehen.

Fehr, der am 21. Juni 1956 in Hard geboren wurde, hat sich einen Ruf als einer der bedeutendsten Forschungspersönlichkeiten im Bereich der Verhaltensökonomik erarbeitet. Er beschäftigt sich unter anderem mit der Komplexität von Produkten und deren Einfluss auf Konsumentenentscheidungen. Ein anschauliches Beispiel aus seinem Vortrag war ein US-Hotel, wo Gäste für das Bettenmachen extra bezahlen müssen. Diese Praxis erhöht nicht nur die Komplexität, sondern auch die Kosten für die Kunden, was als strategische Maßnahme von Unternehmen zur Erhöhung der „Suchkosten“ interpretiert werden kann.

Unternehmerische Strategien und Experimente

Fehr kritisierte in seiner Rede die Taktiken einiger Unternehmen, die gezielt Suchkosten für die Kunden erhöhen, um den Wechsel zu anderen Anbietern zu erschweren. Zudem wies er darauf hin, dass Unternehmen wie Google und Amazon täglich Experimente durchführen, um das Kundenverhalten zu beeinflussen. Dies wirft Fragen auf über die ethischen Implikationen solcher Strategien.

Seine Arbeit erstreckt sich zudem auf die Untersuchung individueller Präferenzen, sozialer Normen und Gruppenkulturen. Fehr analysiert auch die kausalen Auswirkungen von Vertrauen und sozialen Normen auf wirtschaftliches Verhalten. Eine seiner jüngsten Studien befasste sich mit der Frage, ob Geschäftskulturen exzessive Risikobereitschaft begünstigen, was zur Finanzkrise 2008 beitrug.

Die Rolle von Vertrauen und Institutionen

In seinen Forschungsergebnissen zeigt Fehr, dass Individuen in Boomzeiten dazu neigen, risikofreudiger zu agieren, was die wirtschaftlichen Highlights verstärkt. Im Gegensatz dazu werden sie in Krisenzeiten vorsichtiger, was zu einer sinkenden Preisentwicklung von Finanzanlagen führt. Er stellte fest, dass alleine Vertrauen oder institutionelle Regeln nicht ausreichen, um effiziente wirtschaftliche Interaktionen zu gewährleisten. Vielmehr sind sowohl Vertrauen als auch robuste institutionelle Strukturen notwendig.

Fehr ist auch Mitbegründer von „FehrAdvice“, wo er empirisches Wissen für Unternehmen zugänglich macht. Er warnt jedoch, dass in der Wissenschaft oft der Glauben anstelle von empirischen Beweisen in den Vordergrund rückt. Dies sei eine gefährliche Tendenz, die es zu bekämpfen gilt. Vor dem Hintergrund seiner Erfolge und Einblicke denkt Fehr nicht an einen möglichen Nobelpreis und möchte sich von den Erwartungen der Außenwelt distanzieren.

Die Bedeutung von Fehrs Arbeit wird nicht nur in seinen vielen Auszeichnungen deutlich, sondern auch in seiner aktiven Rolle innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft, die in namhaften Fachzeitschriften wie dem „American Economic Review“ und dem „Journal of Political Economy“ publiziert. Seine Erkenntnisse tragen wesentlich zur Weiterentwicklung der Volkswirtschaftslehre und zu unserem Verständnis von menschlichem Verhalten in wirtschaftlichen Kontexten bei.

Details
Vorfall Sonstiges
Ort Wien, Österreich
Quellen