Prozess zu UK-Brandstiftung: Russland-Rekruten für Terrorismus entdeckt

Ein britischer Prozess enthüllt, wie Russland-gebundene Gruppen "Gig"-Arbeiter für terroristische Attentate rekrutieren. Der Fall zeigt gefährliche neue Rekrutierungsmethoden im Schattenkrieg.
Ein britischer Prozess enthüllt, wie Russland-gebundene Gruppen "Gig"-Arbeiter für terroristische Attentate rekrutieren. Der Fall zeigt gefährliche neue Rekrutierungsmethoden im Schattenkrieg. (Symbolbild/DNAT)

Prozess zu UK-Brandstiftung: Russland-Rekruten für Terrorismus entdeckt

Dylan Earl äußerte den Wunsch nach einem „Neuanfang“ in seinem Leben. Unzufrieden mit den Perspektiven in seiner tristen englischen Stadt, beschloss er, einen Terroranschlag in London im Auftrag einer russischen Söldnergruppe zu orchestrieren.

Die Motivation hinter dem Anschlag

Der 20-jährige, am Untergrundverdienste orientierte Drogenhändler hätte am liebsten in Russland Militärdienst geleistet. Er hatte gehört, dass man eben dort gutes Geld verdienen könnte, indem man für eine vermeintlich gerechte Sache kämpft. Allerdings fürchtete er, dass seine mangelnden Russischkenntnisse ihm im Weg stehen würden.

Rekrutierung über soziale Medien

Earl konnte jedoch den Krieg von der Bequemlichkeit seines Zuhauses in den Midlands Englands aus unterstützen. Mit einem einfachen „Hallo“ an ein anonymes Telegram-Konto namens „Privet Bot“, das Europäer zur Teilnahme am „Widerstand“ gegen die Verbündeten der Ukraine einlud, begann sein Engagement. Nur fünf Tage später organisierte Earl eine Gruppe Männer, die ein Lagerhaus im Osten Londons in Brand setzten, wobei er dieses Ziel aufgrund seiner Verbindungen zur Ukraine auswählte.

Im darauffolgenden Monat wurde Earl verhaftet und wegen schwerer Brandstiftung sowie eines Verbrechens nach dem neuen britischen National Security Act angeklagt, schuldig bekannt und verurteilt. Ein weiterer Verdächtiger, Jake Reeves, bekannte sich ebenso schuldig.

Der Prozess und die Verurteilung

Mehr als ein Jahr später standen sechs weitere Personen zwischen Mai und Juli vor dem Old Bailey in London im Zusammenhang mit dem Anschlag vor Gericht. Am Dienstag wurden drei von der Jury wegen schwerer Brandstiftung verurteilt, während ein vierter Angeklagter, von dem die Staatsanwaltschaft behauptete, er habe sie zum Tatort gefahren, von dieser Anschuldigung freigesprochen wurde.

Zwei Männer, die beschuldigt wurden, die Polizei nicht über einen potenziellen Terrorangriff informiert zu haben, wurden ebenfalls verurteilt, einer wurde auf zwei Anklagen freigesprochen.

Die Rolle der Wagner-Gruppe

Die britischen Staatsanwälte argumentierten, dass das „Privet Bot“-Konto mit der Wagner-Gruppe in Verbindung stehe, die in der Ukraine kämpfte und Russlands Einfluss in Afrika aufrechterhält. Obwohl das Konto jetzt inaktiv ist, zeigten im Prozess offengelegte Korrespondenzen, wie tief Operateure gingen, um Soldaten für den „Schattenkrieg“ gegen den Westen zu rekrutieren.

Die neue Art der Rekrutierung

Russland verlässt sich in dieser Kampagne nicht auf gut ausgebildete Agenten, sondern auf ein Netzwerk von Kriminellen, die teilweise Moskaus Sache unterstützen und teilweise einfach nur Geld verdienen wollen. Statt jahrelang für Spionage und Sabotage zu rekrutieren und zu planen, sind diese Operationen heute in wenigen Stunden über Telegram und mit etwas Bargeld durchzuführen. Analysten sagen, dass diese Taktik eine düstere Wendung der modernen „Gig“-Wirtschaft darstellt: feindliche Staaten nutzen eine junge, temporäre und flexible Arbeitskraft. Die Arbeit ist bedarfsorientiert, just-in-time und unkompliziert.

Folgen für die Sicherheit in Europa

Diese Entwicklung bereitet den Sicherheitsbehörden in Europa Kopfzerbrechen. Ken McCallum, der Leiter des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5, warnte im vergangenen Jahr, dass Russland auf einer „Mission ist, Chaos auf britischen und europäischen Straßen zu erzeugen“. Richard Moore, der damalige Chef des MI6, der Auslandsgeheimdienste, brachte es drastischer auf den Punkt: „Die russischen Nachrichtendienste sind etwas feral geworden.“

Der Prozess gegen die sechs Briten offenbarte mehr darüber, wie diese Gig-Wirtschaft funktioniert. CNN wertete Hunderte von sozialen Medienaustausch aus, die die Staatsanwaltschaft als zwischen den Angeklagten sowie deren Polizeiaussagen einordnete, um zu zeigen, wie Russland für seinen Kampf gegen den Westen rekrutiert.

Der Anschlag und seine Auswirkungen

In den frühen Morgenstunden des 20. März 2024 bereitete sich Paul English auf seine Darmkrebsvorsorge vor und fand sich vielmehr nachts beim Fahren als Fahrer wieder – ein Gefallen für den Nachbarn. Die Gruppe führte ihren Plan durch und zündete das Lagerhaus an, was Schäden in Höhe von über 1 Million Pfund zur Folge hatte.

Die Motive hinter diesem und ähnlichen Anschlägen sind vielschichtig: Solche Attacken können die westlichen Unterstützer der Ukraine verunsichern. Laut einer Datenbank über vermutete russische „Schatten“-Angriffe haben sich solche Taten zwischen 2022 und 2023 vervierfacht und dann zwischen 2023 und 2024 nahezu verdreifacht.

Auswirkungen und Relevanz

Die Reaktion Europas auf derartige Angriffe war bislang oft fragmentiert. Umso wichtiger ist es, dass Europa sich stärker auf die wahren Hintermänner solcher Taktiken konzentriert. Historisch betrachtet hat sich Moskau große Mühe gegeben, seine Spione zu belohnen, aber diese „Gig-Economy“-Rekruten können dasselbe nicht erwarten. Für Russland sind sie entbehrlich, für ihre Heimatländer hingegen gelten sie als Verräter.

Während das Tempo der angeblichen Angriffe in den letzten Monaten abgenommen hat, wird eine Rückkehr solcher Taktiken erwartet, sobald Russland aus seinen ersten „Test“-Operationen lernt. Das bedeutet, dass der Schattenkrieg weitergeht und die Bedrohung für die europäische Sicherheit bestehen bleibt.