Bei einem kürzlich stattgefundenen taz Panter Forum in Cottbus wurde die politische Situation in Brandenburg von führenden Politikerinnen und Politikern heftig diskutiert. Die anwesenden Vertreter demokratischer Parteien waren sich einig, dass die aktuellen Umstände den Begriff „normaler Wahlkampf“ infrage stellen. Dies wurde besonders deutlich, als eine Zuschauerin eine brennende Frage aufwarf: Wie könne man angesichts der rechtsgerichteten Bedrohungen und der zunehmenden Gewalt eigentlich von einem normalen Wahlkampf sprechen?
Diese Frage fand prompt Gehör bei Sebastian Walter, dem Spitzenkandidaten der Linkspartei in Brandenburg, der den angespannte Moment aufgriff und auf einen brutalen Überfall in Potsdam verwies. Ein Mann war in einem Vorfall, der im Anschluss an das Abspielen des als Nazihit bekannten Stücks „L’amour toujours“ stattfand, krankenhausreif geschlagen worden. Walter betonte, dass selbst das Schütteln des Kopfes bei solchen Anlässen heute nicht mehr ausreicht, um sich in Sicherheit zu wiegen.
Aktuelle Herausforderungen im Fokus
Bereits in den vorangegangenen Podien des Forums war das Thema der Raumnahme durch Rechtsextreme und die Bedürfnisse der Zivilgesellschaft zentrale Punkte. Walter übernahm die Rolle des Warnenden und versuchte, die Demokratie als rationalen Weg vorzustellen. Währenddessen hatten seine Podiumskollegen – Michael Schierack von der CDU, Ludwig Scheetz von der SPD und Clemens Rostock von den Grünen – die Verantwortung in der Regierung, und damit differierende Standpunkte.
Besonders auf die besorgniserregenden Wahlen in Thüringen und Sachsen hin, stellt sich die Frage, ob schärfere Asylrechtsgesetze überhaupt die richtige Antwort auf die Herausforderungen der gegenwärtigen Lage sind. Die Moderator*innen des Forums, Dinah Riese und Konrad Litschko, gewährten den verschiedenen politischen Vertretern die Möglichkeit, ihre Standpunkte zu äußern, bevor das Gespräch in Richtung gewaltsamer rassistischer Übergriffe und dem Schweigen der Politiker über diese Gewalt drehte.
Während der Diskussion betonte Schierack, dass innerhalb der CDU durchaus eine Brandmauer gegen den Rechtsextremismus existiere. Dennoch blieben die Zweifel, insbesondere angesichts eines gemeinsamen Antrags von CDU und AfD zur Begrenzung von Flüchtlingen in Cottbus, im Raum stehen. Weiterhin kam ans Licht, dass in Barnim der Verdacht besteht, wonach ein AfD-Kandidat mit den Stimmen der CDU zum stellvertretenden Kreistagsvorsitzenden gewählt wurde.
Die Anwesenden waren sich jedoch einig darüber, dass der schnelle Umgang mit rechtextremistischen Straftätern von höchster Wichtigkeit ist. Rostock verwies auf Großbritannien, wo nach rechtsextremen Ausschreitungen im Juli 2020 innerhalb weniger Wochen über hundert Urteile gefällt wurden, oft mit mehrjährigen Haftstrafen. Im Gegensatz dazu wurde in Brandenburg ein Verfahren gegen zwei rechtsextreme Angreifer eingestellt, da die Tat inzwischen fünf Jahre her sei, was auf die schleppende Reaktion und die Verzögerungen im Rechtssystem hinweist.
Die bemerkenswerte Frage bleibt, wie es nach dem 22. September weitergehen solle. Die vier Demokraten, die dort saßen, hatten zwar verschiedene Vorschläge und Ideen für die Gestaltung Brandenburgs, jedoch schien es an einem klaren und überzeugenden Plan zu fehlen, um dem erstarkenden Rechtsextremismus etwas entgegenzusetzen. Deutlich wurde, dass das Vortäuschen eines normalen Wahlkampfs in solch einer angespannten Lage wie eine gnadenlose Überlebensstrategie anmutete und das ernsthafte Engagement zur Bekämpfung von Extremismus kaum greifbar blieb.
Das taz Panter Forum ist eine wertvolle Plattform, die in Kooperation zwischen der taz-Redaktion und der taz Panter Stiftung organisiert wurde, um kritische gesellschaftliche und politische Themen zu beleuchten.
– NAG