In Moskau ist der Anführer der unabhängigen Wahlbeobachtungsorganisation Golos, Grigory Melkonyants, erneut vor Gericht erschienen. Der Grund? Eine Anklage wegen der angeblichen Organisation der Arbeit einer „unerwünschten“ Organisation. Sollte er verurteilt werden, könnte er bis zu sechs Jahre Gefängnis drohen.
Melkonyants, der als Co-Vorsitzender von Golos agiert, hat die Vorwürfe bereits zurückgewiesen und spricht von politisch motivierten Anschuldigungen. Dieser Fall steht im Kontext einer umfassenden Repression der Kremlkritiker und Menschenrechtsaktivisten, die sich seit dem Einmarsch in die Ukraine im Jahr 2022 noch verstärkt hat. Die staatlichen Stellen haben ihre Kontrolle über dissenting voices im Land erheblich ausgeweitet.
Die Rolle von Golos
Golos zählt zu den bedeutendsten Wahlbeobachtungsorganisationen Russlands und hatte seit seiner Gründung im Jahr 2000 zahlreiche Wahlen überwacht sowie auf gesetzliche Verstöße hingewiesen. Allerdings steht die Organisation seit Jahren unter Druck vonseiten der Regierung. Im Jahr 2013 wurde Golos als „ausländischer Agent“ eingestuft, was mit einer intensiveren Überwachung einhergeht und oft negativ wahrgenommen wird. Drei Jahre später entschied das Justizministerium, Golos als Nichtregierungsorganisation aufzulösen.
Trotz dieser Schwierigkeiten operiert Golos weiterhin und hat sogar die Anerkennung als NGO abgelegt, um unter dem Radar der Behörden zu bleiben. Im Jahr 2021 wurde die Organisation jedoch in ein neues Register von „ausländischen Agenten“ aufgenommen, welches für Organisationen eingerichtet wurde, die nicht als juristische Einheiten in Russland registriert sind.
Besonders auffällig ist, dass Golos nicht den Status einer „unerwünschten“ Organisation hat, was unter einem Gesetz von 2015 bedeutet, dass die Zusammenarbeit mit solchen Gruppen als Straftat geahndet werden kann. Dennoch war Golos einst Mitglied des Europäischen Netzwerks für Wahlbeobachtungsorganisationen, das 2021 in Russland als „unerwünscht“ eingestuft wurde.
Die zunehmende Druckausübung auf unabhängige Journalisten, Kritiker, Aktivisten sowie Oppositionsvertreter in Russland ist alarmierend. Zahlreiche unabhängige Medien und Menschenrechtsgruppen wurden in den letzten Jahren geschlossen oder als „ausländische Agenten“ beziehungsweise „unerwünscht“ eingestuft. Tausende von Aktivisten und Regierungsgegnern sehen sich mittlerweile strafrechtlichen Verfolgungen ausgesetzt.
Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist absehbar, dass die Lage für solche Organisationen und deren Vertreter auch in Zukunft angespannt bleibt. Laut den Informationen der halifax.citynews.ca bleibt abzuwarten, wie das Gerichtsurteil über Melkonyants letztendlich ausfallen wird und welche Folgen dies für die bereits stark eingeschränkten Möglichkeiten der Wahlbeobachtung in Russland haben könnte.