Der Countdown läuft: Ab dem 21. Oktober 2023 treffen sich Delegierte aus fast 200 Ländern zur COP16 in Cali, Kolumbien, um über den Stand der Umsetzung des UN-Naturabkommens von Montreal zu diskutieren. Dieses Abkommen, das im Dezember 2022 verabschiedet wurde, ist von großer Bedeutung und stellt einen ambitionierten Rahmen dar, um die Zerstörung der Ökosysteme bis 2030 zu stoppen und die Biodiversität zu erhalten. Viele Experten sehen darin eine Verpflichtung, die neben dem Pariser Klimaabkommen in der Bedeutung steht.
Unter den Teilnehmern befinden sich auch wichtige deutsche Vertreter, darunter Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Entwicklungsstaatssekretär Jochen Flasbarth. Im Vorfeld der Konferenz sprach die Generalsekretärin der UN-Übereinkunft über die biologische Vielfalt (UNCBD), Astrid Schomaker, über ihre Erwartungen.
Fortschritte und Herausforderungen
Die Sitzung in Cali stellt die erste große Prüfung seit Verabschiedung des Abkommens dar. Schomaker äußerte optimistisch, dass die Staaten zunehmend erkennen, wie essenziell die Natur für die Gesellschaft ist. Sie hebt hervor, dass die Verknüpfung der Biodiversitätskrise mit der Klimakrise immer deutlicher wird. „Regierungen begreifen zunehmend, dass es nicht ausreicht, nur erneuerbare Energien zu fördern; wir müssen auch die Natur als Kohlenstoffsenke bewahren,“ erklärte sie. Ein beeindruckender Aspekt ist, dass die Hälfte der weltweiten Wirtschaftsleistung von einer intakten Natur abhängt.
In Cali sollen die Vertragsstaaten konkrete Fahrpläne vorlegen, um die Ziele des Abkommens zu erreichen. Bislang haben 26 Länder vollständige nationale Biodiversitätsstrategien eingereicht, während 87 Staaten in der Planungsphase sind. Doch trotz dieses vielversprechenden Starts bleibt die Anzahl der abgeschlossenen Pläne bescheiden.
Schomaker äußerte, dass sie mit den bisherigen Ergebnissen unzufrieden sei, aber betonte, dass die meisten Länder mitten im Prozess stecken und komplexe Entscheidungen erfordern. „Es ist wichtig, dass der Prozess begonnen hat,“ bemerkte sie und wies darauf hin, dass Deutschland weiterhin Entwicklungsländer finanziell unterstützt.
Aktuelle Spannungen in Deutschland über eine eigene Biodiversitätsstrategie könnten der Zusammenarbeit zwischen den Länder der Bundesrepublik und dem Bund schaden. Schomaker hat Verständnis für die komplexen Entscheidungsprozesse in Deutschland und erwartet, dass positive Gespräche in Cali stattfinden werden.
Klimakrise und Finanzierung
Die drängenden Naturkatastrophen weltweit senden unmissverständliche Botschaften: Der Planet befindet sich in einer Krise, und das Überleben der Menschheit könnte auf dem Spiel stehen. „Wir müssen die Natur schützen, um zu überleben,“ betont Schomaker. Die aktuellen Wetterextreme, von Dürre zu Überschwemmungen, sind laut ihr ein klarer Hinweis, dass dringender Handlungsbedarf besteht.
Die reichen Staaten haben sich verpflichtet, ab dem kommenden Jahr jährlich 20 Milliarden Dollar zur Unterstützung ärmerer Länder bereitzustellen, um deren Naturschutzbemühungen zu unterstützen. Doch die realen Zahlen und die Entwicklung bleiben abzuwarten. Schomaker zeigt sich optimistisch, dass positive Trends zu beobachten sind, während sie gleichzeitig darauf hinweist, dass es noch viel zu tun gibt. “Der neue Fonds für den Biodiversitätsschutz ist unterfinanziert,” bemerkte sie und forderte mehr finanzielle Zusagen.
Schomaker unterstreicht, wie wichtig es ist, dass die Staaten ihre Zusagen beschleunigen, da die Zeit drängt. „Wir müssen die Geschwindigkeit erhöhen und konkrete Messgrößen für den Fortschritt entwickeln,“ sagt sie und weist auf das bevorstehende große Treffen im Jahr 2027 hin, bei dem eine umfassende Bestandsaufnahme erforderlich sein wird.
Die Konferenz in Cali könnte auch als Plattform dienen, um neue Ansätze für die Finanzierung des Naturschutzes zu diskutieren. Ideen wie Biodiversitätskredite könnten das Potenzial bieten, zusätzliche Mittel aus dem Kohlenstoffmarkt zu generieren. “Wir müssen innovative Lösungen finden,” erklärte Schomaker.
In Erwartung einer Rekordanzahl an Ministerinnen und Staatsoberhäuptern hat Schomaker eine klare Botschaft: “Wir brauchen Ihre Unterstützung!” Der Erfolg dieser Konferenz wird entscheidend dafür sein, ob die Herausforderungen für den Schutz der Natur bis 2030 bewältigt werden können. Es ist ein wichtiger Moment, an dem sowohl Regierungen als auch Bürger gefordert sind, sich aktiv an den Bemühungen um eine nachhaltige Zukunft zu beteiligen.