Vom Flüchtling zum Berliner Selfmade-Millionär – und in den Knast
Von Anne Losensky
Eine Geschichte über Aufstieg und Fall zeigt, wie ein unbegleiteter Flüchtlingsjunge sich zu einem erfolgreichen Bauunternehmer entwickelte und schließlich im Gefängnis landete.
Munir M. (47) kam 1995 als 17-jähriger allein aus Serbien nach Deutschland. Mit wenig Unterstützung und vielen Hindernissen schlug er sich durch und arbeitete sich im Baugewerbe nach oben. Er schlief zunächst im Park, fand dann Gelegenheitsjobs und arbeitete hart, bis er schließlich seine eigene Baufirma gründete. Mit dieser baute er jährlich bis zu 2000 Wohnungen und führte Großprojekte in Berlin durch.
Die von Munir realisierten Projekte umfassen viele bekannte Bauvorhaben, darunter das Hochhaus am Hauptbahnhof, das Kudamm-Karree in Charlottenburg und den Ostkreuz-Campus in Friedrichshain. Seine Firma war überall präsent und prägte das Stadtbild maßgeblich. Trotz des gigantischen beruflichen Erfolges gab es eine Schattenseite: Vorwürfe der Schwarzarbeit.
Im Januar dieses Jahres wurde Munir M. verhaftet und im März unter Auflagen wieder freigelassen. Der Prozess gegen ihn am Landgericht Berlin, Saal 820, dreht sich um den Vorwurf der Steuerhinterziehung und der Nichtabführung von Sozialabgaben in Höhe von 15 Millionen Euro. Der Wert der Bauaufträge seiner Firma beläuft sich auf 34 Millionen Euro.
Munir M. äußerte sich zu den Vorwürfen. Er erklärte, dass Schwarzarbeit in der Bauindustrie gängige Praxis sei, da legale Fachkräfte kaum zu finden seien und ohne diese Praxis die Konkurrenzfähigkeit stark beeinträchtigt würde. Laut seinen Aussagen wusste er, dass Schwarzarbeit illegal ist, konnte sich jedoch einen luxuriösen Lebensstil finanzieren, einschließlich eines Gehalts von 12.500 Euro monatlich und vierteljährlichen Gewinnausschüttungen.
Heute besitzt Munir ein Haus und versucht, seine drei Kinder zu respektvollem und gesetzestreuem Verhalten zu erziehen. In seiner Aussage betonte er die Schwierigkeit, ohne Schwarzarbeit in der Branche zu überleben, und drückte seinen Willen aus, den entstandenen Schaden wiedergutzumachen, auch wenn das Haftstrafen bedeutet. „Ich will meinen Kindern wieder in die Augen sehen können“, sagte er.
Die Staatsanwaltschaft hält eine Haftstrafe von sechseinhalb Jahren für angemessen. Die einst florierende Baufirma steht inzwischen vor der Insolvenz. Das abschließende Urteil in dem Fall wird am 26. September erwartet.
Prävention durch politische Maßnahmen
Das Schicksal von Munir M. wirft Fragen zur Rolle der Politik auf und wie solche Situationen in Zukunft verhindert werden können. Eine stärkere Kontrolle und Regulierung im Baugewerbe könnte helfen, Schwarzarbeit zu vermindern. Die Schaffung von Anreizen für Unternehmen, legale Arbeitskräfte einzustellen, wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Auch die Sicherstellung fairer Löhne und Arbeitsbedingungen könnte Schwarzarbeit unattraktiv machen.
Langfristig sollten Bildungs- und Weiterbildungsprogramme strategisch gefördert werden, um Fachkräfte in der Bauindustrie auszubilden. Diese Maßnahmen könnten nicht nur die Integrität der Branche sichern, sondern auch verhindern, dass Einzelpersonen wie Munir M. in die Illegalität gedrängt werden. Ein starkes Signal für Transparenz und Legalität wäre unabdingbar, um die Bauindustrie zu reformieren und ähnliche Fälle in Zukunft zu vermeiden.
– NAG