In Thüringen hat der Landtag nach einem chaotischen ersten Anlauf endlich seine konstituierende Sitzung erfolgreich abgehalten. Dabei war die Situation zuvor durch einen Konflikt zwischen der AfD und den anderen Parteien hochspannend, der sogar das Eingreifen des Thüringer Verfassungsgerichtshofs erforderlich machte. Die Dynamik in Deutschland zeigt, dass die politischen Spannungen nicht nur in Thüringen, sondern auch in anderen Bundesländern intensiver werden könnten.
Die AfD hat bei den jüngsten Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg beachtliche 30 Prozent der Stimmen erhalten und stellt somit eine Sperrminorität, die mehr als ein Drittel der Mandate in den jeweiligen Parlamenten innehat. Dies bedeutet, dass sie in der Lage sein könnte, wesentliche Entscheidungen, etwa die Wahl von Richtern am Verfassungsgerichtshof, zu blockieren. Die Folgen dieser neuen Machtverhältnisse könnten weitreichend sein, wie der Politologe Frank Decker jüngst bemerkte.
Konflikt um die Präsidentschaft im Landtag
Bereits beim ersten Versuch zur konstituierenden Sitzung brach Chaos aus, als die Frage aufkam, ob die AfD aufgrund ihrer Stärke im Landtag das Recht hat, den Landtagspräsidenten zu stellen. Während die AfD auf ein vermeintliches „Verfassungsgewohnheitsrecht“ verweist, argumentieren die anderen Parteien, dass eine Wahl nur durch eine echte Mehrheit legitimiert werden kann. Dieses Ringen um die Deutungshoheit ist nicht nur ein Spiel um Posten, sondern wirft grundlegende Fragen zur Rolle und den Einfluss der AfD auf die politische Landschaft auf.
In Brandenburg ist die Situation etwas anders. Dort ist die AfD nur die zweitstärkste Kraft und hat sich in der Vergangenheit nicht so stark profilieren können wie in Thüringen. Zudem haben die anderen Fraktionen Maßnahmen getroffen, um eine ähnliche chaotische Situation von vorneherein zu vermeiden, was die politische Stabilität in Brandenburg stärken könnte.
Die Beunruhigung über das „Wählervotum“
Die AfD stellt indessen eine Grundsatzfrage auf, indem sie betont, dass ihr Wählervotum missachtet wird. Parteichefin Alice Weidel äußerte in einem sozialen Netzwerk Besorgnis über die politischen Entwicklungen, nachdem ihre Kandidatin im Thüringer Landtag gescheitert war. Diese Kritik zielt darauf ab, die Wahrnehmung zu fördern, dass die AfD von den etablierten Parteien ausgegrenzt wird.
Dennoch ist die AfD – trotz ihrer Erfolge – nach wie vor eine Minderheit im Vergleich zu den über zwei Dritteln der Wähler, die sich für andere Parteien entschieden haben. Diese Tatsache wird von Wissenschaftlern wie André Brodocz hervorgehoben, der darauf hinweist, dass die AfD versucht, der Mehrheit ihren Willen aufzuzwingen und damit ein fundamentales Prinzip der parlamentarischen Demokratie missachtet.
Juristisch hat die Partei mehrfach verloren, unter anderem vor dem Verfassungsgerichtshof in Weimar, das klare Vorgaben für die Eröffnung des Landtags geäußert hat. Auch im Bundesverfassungsgericht hat die AfD Niederlagen erlitten, was ihre Fähigkeit, Einfluss zu nehmen, weiter einschränkt.
Dennoch sät die AfD Misstrauen gegenüber den Institutionen, was durch Äußerungen wie die von Björn Höcke, dem Landeschef der AfD in Thüringen, bestärkt wird. Höcke äußerte Zweifel an der Unabhängigkeit der Richter des Landesverfassungsgerichts und führte damit die Diskussion über die Rolle der Justiz in der Demokratie fort.
Diese Spannungen könnten bald zu einem weiteren Konflikt führen, insbesondere bei der Wahl von Verfassungsrichtern, die in den nächsten Jahren vom Landtag mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt werden müssen. Die Präsenz der AfD in den Parlamenten wird die Verhandlungen über solche Posten schwierig gestalten. Im Bund hingegen kommt der Fokus auf das Bundesverfassungsgericht, während der Bundesrat bereit ist, Änderungen am Grundgesetz zu diskutieren, um die Funktionsfähigkeit des Gerichts zu gewährleisten. Das Thema bleibt also weiterhin auf der politischen Agenda.