Im südlichen Sachsen-Anhalt schreitet der Strukturwandel deutlich schneller voran als in anderen vom Kohleausstieg betroffenen Regionen Deutschlands. In einer aktuellen Bilanz der Landesregierung wurde bekannt gegeben, dass bis Ende 2022 43 Prozent der bereitgestellten Mittel in Höhe von 660 Millionen Euro für das Mitteldeutsche Revier bewilligt wurden. Zum Vergleich: Im Lausitzer Revier in Brandenburg wurden nur 12 Prozent, im sächsischen Revier 18 Prozent dieser Mittel genehmigt. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), äußerte sich optimistisch über den Fortschritt und betonte, dass trotz der besorgniserregenden Wirtschaftslage in Deutschland der Strukturwandel im Land auf einem guten Weg sei.
Bis Mai 2023 berichtete die Landesregierung von insgesamt 163 bewilligten Projekten in Sachsen-Anhalt, die durch ein Budget von 4,8 Milliarden Euro bis zum Jahr 2038 unterstützt werden. Diese Projekte verteilen sich quer durch die Region, einschließlich Anhalt-Bitterfeld, Burgenlandkreis, Mansfeld-Südharz, Saalekreis und Halle. Zu den geförderten Entwicklungen zählen unter anderem ein „grünes“ Gewerbegebiet in Köthen mit einer Gesamtförderung von 70 Millionen Euro, ein neues Industriegebiet bei Leuna mit 200 Millionen Euro und ein CO2-neutrales Fernwärme-Konzept in Hohenmölsen.
Zukunftsorientierte Projekte im Fokus
Der Strukturwandel fokussiert sich nicht nur auf den Abbau von Alten, sondern betont die Notwendigkeit, Neue zu erschaffen. Es wird in zukunftsträchtige Industrien investiert, wie etwa in den Bereich grüner Wasserstoff und digitale Technologie. Ein Beispiel hierfür ist die geplante Verbesserung der digitalen Infrastruktur in der Region, unterstützt mit 35 Millionen Euro, um den neuen Mobilfunkstandard 5G zur Verfügung zu stellen.
Für die Menschen vor Ort soll durch moderne Arbeitsplätze und eine verbesserte Infrastruktur eine positive Zukunft geschaffen werden. Ministerpräsident Haseloff betont die Wichtigkeit einer vorbildlichen Kinderbetreuung zur Schaffung eines ansprechenden Lebensumfelds, um die Bürgerinnen und Bürger zu motivieren, in der Region zu bleiben und somit die Attraktivität des Reviers zu steigern.
Trotz der positiven Entwicklungen gibt es auch Kritik am Strukturwandel. Der Steuerzahlerbund hat beispielsweise Bedenken geäußert, da für rund 7,2 Millionen Euro ein Naturerlebniszentrum am Stausee Kelbra entstehen soll, welches sich jedoch weit von den Tagebauen und Kraftwerken entfernt befindet. Kritiker sehen dies als einen Missbrauch der Fördermittel, da die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Nähe der betroffenen Regionen im Vordergrund stehen sollte.
Nichtsdestotrotz bleiben die Förderung touristischer, landwirtschaftlicher und kultureller Projekte im Revier ein zentraler Bestandteil des Strukturwandels. Aktuell wird angestrebt, dass fünf Prozent der Gesamtmittel in diesen Bereich fließen. Die Landesregierung orientiert sich dabei an den Empfehlungen einer ersten Evaluierung des Strukturwandels, die unter anderem die Sicherung von Fachkräften in den Fokus stellt, was angesichts des demografischen Wandels in Sachsen-Anhalt von großer Bedeutung ist.
Zusammenfassend ist der Strukturwandel in Sachsen-Anhalt als ein positives Beispiel für den Umgang mit den Herausforderungen des Kohleausstiegs zu sehen, während gleichzeitig wichtige Baustellen und Kritiken nicht ignoriert werden dürfen. Der Prozess bleibt ein dynamisches Unterfangen, das sowohl privatwirtschaftliche Initiativen als auch politische Weichenstellungen erfordert.