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Revolution im Schlafzimmer: Wie die „St. Pauli Nachrichten“ Hamburg eroberten

In den aufregenden 60er-Jahren erlebte Deutschland einen Paradigmenwechsel im Bereich Sexualität und gesellschaftlicher Normen. Eine der treibenden Kräfte hinter diesem Wandel war die Zeitschrift "St. Pauli Nachrichten", die 1968 von dem Fotografen Günter Zint ins Leben gerufen wurde. Die politische Dimension der Sexualität begann, im Windschatten der damals aufkeimenden sexuellen Revolution, eine zentrale Rolle zu spielen. Ursprünglich als leichtes Unterhaltungsblatt gedacht, entwickelte sich die Zeitschrift rasch zu einem wichtigen Medium für Aufklärung und kritisch-provokanten Journalismus.

Mit einer Auflage von bis zu 1,2 Millionen Exemplaren in den besten Jahren wurde "St. Pauli Nachrichten" schnell zu einem kulturellen Phänomen. Man könnte sagen, dass das Magazin eine Art Schlachtfeld für die Auflehnung gegen traditionelle Werte wurde. Mit kreativen Schlagzeilen und einem unkonventionellen Umgang mit Themen wie Liebe und Sexualität versuchte die Redaktion, die etablierten Medien, besonders die Boulevardpresse, zu provozieren und zum Schmunzeln zu bringen.

Kreative Anarchie in der Redaktion

Das Team um Zint, zu dem auch bekannte Journalisten wie Stefan Aust und Henryk M. Broder gehörten, war für seine unkonventionellen Ansätze berüchtigt. Die Redaktionssitzungen wurden oft von einer Mischung aus Rotwein und Sprüchen dominiert, was eine kreative Anarchie förderte. Zint erinnerte sich später in einer Dokumentation, dass die Zeitung oft mehr durch Wein als durch Druckerschwärze geprägt wurde. Solch eine Atmosphäre führte zu radikalen Inhalten, die auch juristische Konsequenzen nach sich zogen.

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Besonders aufschlussreich war ein Fall im Jahr 1969, als Annoncen wie "26-jähriges Teufelchen sucht Mitspieler beiderlei Geschlechts für Höllenfahrten" die staatlichen Behörden auf den Plan riefen. Der Prozess gegen die "St. Pauli Nachrichten" offenbarte die Spannungen zwischen aufkommendem sexualpolitischem Wandel und der bestehenden rechtlichen Ordnung. Richter der damaligen Zeit bezeichneten erotische Kontakte außerhalb der Ehe als Unzucht, was in starkem Kontrast zu den sich verändernden gesellschaftlichen Vorstellungen stand.

Ein kultureller Wendepunkt

Die "St. Pauli Nachrichten" bot nicht nur ein Sprachrohr für sexuelle Freiheit, sondern auch einen Raum für Frauen, sich mit ihrer Sexualität auseinanderzusetzen. Eine der wenigen Frauen in der Redaktion schilderte ihre Erlebnisse als befreiend, was die wichtige Rolle dieser Publikation im Kontext der Emanzipation unterstreicht. Die Zeitschrift revolutionierte den Blick auf Männlichkeit und Sexualität, indem sie auch die Stimmen von Frauen einbrachte.

Stefan Aust, ein prägendes Mitglied der Redaktion, hatte ein klares Ziel: die entblößenden Seiten der Sexualität als politisches Statement zu positionieren. In einem Interview betonte er die Wichtigkeit, eine repressiven Sexualmoral entgegenzuwirken, die mit einem autoritären Staatsverständnis verknüpft sei. Diese Einstellung machte die "St. Pauli Nachrichten" zu mehr als nur einem Magazin für Unterhaltung; sie wurde zu einem Werkzeug des Wandels.

Im Laufe der Jahre, als die Zeitung sich von ihren revolutionären Wurzeln entfernte und zunehmend in Richtung eines Männermagazins driftete, verschob sich der Fokus. Mit dem Rückzug von Günter Zint und der Veränderung der redaktionellen Ausrichtung verlor das Blatt seine kritische Schärfe. Wo einst der Aufruf zur sexuellen Freiheit stand, fanden sich zunehmend nur noch Inhalte, die dem reinen Freizeitvergnügen dienten. Heute erinnert der Name "St. Pauli Nachrichten" mehr an ein Unterhaltungsblatt denn an ein kulturelles Manifest.

Die Entwicklungen rund um die "St. Pauli Nachrichten" machen deutlich, wie tiefgreifend die gesellschaftliche Debatte über Sexualität in den 60er-Jahren war und wie sie bis heute nachwirkt. Auch wenn die Zeitung mittlerweile nicht mehr die Stimme der avangardistischen Szene ist, bleibt ihr Erbe als ein wichtiger Teil der Geschichte der sexuellen Revolution in Deutschland bestehen.


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Genauer Ort bekannt?
Hamburg, Deutschland
Quelle
ndr.de

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