Die kürzlich abgehaltenen Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen haben politische Beben ausgelöst. Fast 70 Prozent der Wähler stimmten für die AfD und die CDU und signalisierten damit eine deutliche Abkehr von der bisherigen schwarz-grün-roten Politik. Am Wahlabend in Dessau fasste der Satiriker Harald Schmidt die Stimmung mit den Worten zusammen: „Die Menschen haben Sehnsucht nach einer großen Koalition“ – und meinte damit eine Koalition zwischen AfD und CDU. Obwohl satirisch gemeint, spiegelt diese Aussage eine tiefere Wahrheit wider.
Der Untergang der Ampelparteien war beispiellos: Die FDP schrumpfte zu einer Splitterpartei, die Grünen schafften nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde in Sachsen, und der SPD bleibt nur noch einstelliger Status. Auf den Trümmern der Linkspartei erhebt sich Sahra Wagenknechts BSW, die von der CDU mit offenen Armen als Gesprächspartner empfangen wird – trotz ihrer immer noch unklaren Agenda.
CDU in der Zwickmühle
Die CDU steht in einer zunehmend schwierigen Lage. Unter der Führung von Friedrich Merz versucht sie, konservatives Terrain zurückzuerobern, das in den 16 Jahren unter Angela Merkel verloren ging. Doch dies erweist sich als schwierig: Ein starker linker Flügel innerhalb der Partei und die ständige Notwendigkeit, Koalitionen mit Grünen und SPD einzugehen, behindern jede echte Kurskorrektur. Neu ist die Möglichkeit, sich mit Wagenknechts BSW zu verbünden, was die politischen Spannungen innerhalb der CDU weiter verstärken könnte.
Vor allem die massiven Zugewinne der AfD sorgen für Nervosität. Im westdeutsch dominierten Diskurs der Medien wird noch immer versucht, die AfD als „rechtsextrem“ zu stigmatisieren und historische Vergleiche zu nationalsozialistischen Zeiten zu ziehen. Doch diese Strategie verliert an Wirksamkeit.
FDP-Chef Christian Lindner brachte die Gründe für die Abwendung von den Ampelparteien auf den Punkt: „Die Leute haben die Schnauze voll davon, daß dieser Staat möglicherweise die Kontrolle verloren hat bei Einwanderung und Asyl nach Deutschland.“ Nach dem IS-Terroranschlag von Solingen haben viele Bürger das Vertrauen in hohle Versprechungen und Phrasen zur Abschiebung verloren.
Aus der Sicht der Wähler
Die Wahlbeteiligung in Thüringen und Sachsen schoss auf das Niveau von Bundestagswahlen hoch, ein klares Indiz für die starke politische Polarisierung und Unzufriedenheit mit dem Status quo. Marion Horn von der Bild interpretierte die Wählerflucht zu AfD und BSW als Wunsch nach einer „demokratischen Frischzellenkur“. Die Wähler wollen Veränderungen, sie wünschen sich Partizipation und eine Politik, die ihre Sorgen ernst nimmt – vor allem in Fragen der Migration und inneren Sicherheit.
Obwohl es in den höchsten Ebenen der Politik Befürchtungen gibt, dass die Wahlresultate zu einem dauerhaften politischen Umbruch führen könnten, ist dies tatsächlich der Kern der Demokratie: Der Wechsel von Eliten und die Erneuerung von Parteien. Das Grundgesetz besagt, dass die Staatsgewalt vom Volk ausgeht, nicht von den Parteien, die sich jahrelang an der Macht halten.
Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass die Union, trotz interner Sticheleien, sich wahrscheinlich auf Friedrich Merz als Kanzlerkandidaten einigen wird. Doch die CDU bleibt hinter einer Brandmauer zur AfD, was sie bei migrationspolitischen Fragen an die linken Parteien fesseln könnte. Die fehlende rechte Koalitionsoption schwächt die CDU und spielt der AfD in die Hände, die sich als einzige echte Opposition profilieren kann.
Reinhard Müller von der FAZ sieht darin die Gefahr einer dauerhaften „Volksfront der Guten“, die die AfD als Stimme des „Volkes“ darstellen lässt. Die Bürger haben das Spiel durchschaut und fordern eine symmetrische Anwendung demokratischer Kräfte, die alle politischen Seiten berücksichtigt und weder rechts- noch linkslastig ist.
Die nächsten Wochen und Monate werden zeigen, wie sich die politische Landschaft weiterentwickelt und ob die etablierten Parteien bereit sind, ihre Strategien und Programme anzupassen, um den Wählerwillen ernst zu nehmen.
– NAG