Recht auf anonyme Kritik: weder Persilschein für Fake-Bewertungen noch Freifahrtschein für Bots!
ÖHV (Wien): Gegen anonyme Negativ-Bewertungen gibt es derzeit kein Mittel. Solange die Debatte nur polarisiert, versperrt sie den Weg zur dringend benötigten sachlichen Lösung.
Jeder weiß: Auf anonyme Postings in Online-Foren, anonymisierte Fake-Profile auf Dating-Plattformen, negative Kommentare unbekannter Poster darf man nicht viel geben. Doch Bewertungs- und Buchungsplattformen nehmen den menschlichen Maßstab aus dem Spiel, dort filtert niemand falsche Bewertungen heraus: Jeder Minus-Stern, auch von Bots, was stark zunimmt, ruiniert Online-Auftritte und mindert Verkaufschancen. Mit jeder negativen Bewertung rutschen Betriebe in Rankings nach hinten, verlieren Umsätze und Renommee. „Plattformen tun, was sie wollen, die Politik verfällt in eine emotionale Debatte, statt eine Lösung zu haben“, kritisiert Dr. Markus Gratzer, Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung.
Die Branche sei Italiens Tourismusministerin extrem dankbar dafür, dass sie das Thema aufgegriffen und so viel Resonanz erzeugt hat, erklärt Gratzer. Jetzt würden Lösungen erwartet. „Es geht ja nicht nur um Hotels, sondern um Beisln, den Bio-Produzenten, die Kabarettistin, den Floristen, die Bäckerin: Wer ins Visier der Falschen gerät, erleidet massiven Schaden.“ Betroffene Betriebe sind oft wehrlos: Bis Plattformen Bewertungen prüfen oder korrigieren, vergehen oft Monate: Besonders ärgerlich, wenn die bewertende Person gar nicht im Betrieb war.
Das Recht auf anonyme Bewertungen müsse und werde freilich bleiben, zeigt Gratzer anhand der viel gefeierten und zugleich vielkritisierten Lehrer-Bewertungs-Plattform auf: „Die ist das beste Beispiel dafür, warum anonyme Kritik möglich sein muss! Aber niemand muss sich von Menschen, die ihn nicht kennen, in Grund und Boden dissen lassen, weil jemandem der Name nicht gefällt oder weil er Lehrer generell nicht mag – oder Hotels Darauf hat niemand ein Recht. Das müssen wir abstellen“, fordert Gratzer. Lösungen könne es nur geben, wenn der Datenschutz gewährleistet bleibt. Das haben Höchstgerichte klar zu verstehen gegeben.
Doch es müsse möglich sein, Bewertungen nur von Personen zuzulassen, die dessen Leistungen nachweislich beurteilen können: „Das Recht auf anonyme Kritik darf kein Persilschein sein für den willkürlichen Abschuss durch wildfremde Personen oder gar durch KI-getriebene Bots: Die haben sicher kein Grundrecht auf Meinungsfreiheit, schon gar nicht auf unbegründet negative, abwertende Meinungen!”
Es sei höchste Zeit, dass die Diskussion über diese längst bekannten, von der ÖHV seit Jahren kritisierten Missstände Fahrt aufnimmt, so Gratzer. Es brauche Lösungen besser heute als morgen. Wenig hilfreich seien aber Vorschläge, die falsche Erwartungen und Ängste wecken: „Die einen sehen in der Klarnamenpflicht ein Wundermittel gegen geschäftsschädigende Lügen, die anderen das Ende des Internets. Es ist wohl weder das eine noch das andere. Aber wir kommen nicht weiter, wenn sich die Debatte immer nur darum dreht. Also Schluss mit dem Triggern von Datenschützer:innen! Und geben wir Gauner:innen, die mit Fake-Bewertungen auf Kosten Dritter Geschäfte machen, kein Schein-Argument mehr, hinter dem sie sich verstecken können! Nur wer nachweislich in einem Geschäft oder Lokal war, muss sachlich gerechtfertigte Kritik auch anonym üben dürfen!