Österreichs Kanzler Karl Nehammer hat in einem Gespräch mit WELT eine klare Position bezogen und fordert das Ende der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei. Nehammer deutet an, dass eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union für Österreich nicht vorstellbar ist. Er betont jedoch die Bedeutung einer weiteren Annäherung zwischen der EU und der Türkei, mit einer Betonung auf einer neuen Partnerschaft basierend auf gegenseitigem Vertrauen und einer Zusammenarbeit in wirtschaftlichen und politischen Belangen.
Die Türkei ist seit 1999 EU-Beitrittskandidat, doch die Verhandlungen begannen erst im Dezember 2005. Aufgrund anhaltender Verletzungen des Rechtsstaats und der demokratischen Grundrechte in der Türkei sind die Gespräche seit 2018 unterbrochen. Trotz des Wunsches nach einer Vertiefung der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei fordert Nehammer ehrliche Verhandlungen und plädiert dafür, die Beitrittsverhandlungen offiziell zu beenden und stattdessen ein neues Konzept für die nachbarschaftliche Zusammenarbeit zu entwickeln.
Neben den Beziehungen zur Türkei äußerte sich Nehammer auch zum Ukraine-Krieg, indem er betonte, dass der Westen nicht alleine über einen Waffenstillstand entscheiden könne. Er fordert eine Einbeziehung von Ländern wie der Türkei, Saudi-Arabien, China und Indien in die Verhandlungen über einen Waffenstillstand und Frieden in der Ukraine, um eine umfassende Lösung zu erzielen.
Der Artikel beleuchtet auch innenpolitische Themen in Österreich, wie die Abschaffung der kalten Progression in der Steuerpolitik als Erfolg der Regierung. Nehammer betont die Entlastung der Steuerzahler um 3,6 Milliarden Euro pro Jahr und die beibehaltene Möglichkeit, Teile dieser Ersparnis für wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen zu nutzen. Trotz Gerüchten über vorgezogene Neuwahlen betont Nehammer den Wunsch, die Legislaturperiode bis Herbst 2024 zu beenden und lässt offen, welche politischen Mehrheiten sich in Zukunft bilden könnten.