In München hat sich vor dem Kreisbüro der Linken eine lange Schlange von geflüchteten Menschen gebildet. Die Szene ist lebendig und vielfältig, mit Sprachen wie Arabisch und Französisch, die in der Luft liegen. Mütter versuchen, ihre Kinder zu beruhigen, während Männer fieberhaft auf ihren Telefonen sprechen. Der Grund für diesen Ansturm? Bargeld. Seit der Einführung der Bezahlkarte im Juni erhalten Asylbewerber lediglich 50 Euro pro Monat in bar. Diese Regelung wurde eingeführt, um zu verhindern, dass staatliche Gelder in die Herkunftsländer überwiesen werden, doch viele Kritiker empfinden dies als unzureichend und diskriminierend.
In dieser Situation wurde die Münchner Initiative „Offen!“ aktiv. Sie hat eine Tauschbörse ins Leben gerufen, bei der Geflüchtete die Möglichkeit haben, Supermarktgutscheine gegen Bargeld einzutauschen. Diese Supermarktgutscheine werden mithilfe der Bezahlkarte erworben und dann gegen Bargeld, das von Bürgern aller gesellschaftlichen Schichten stammt, getauscht. Diese Bürger erhalten im Gegenzug die Gutscheine. Die Sätze der Tauschaktion sind klar geregelt: Pro Person können Gutscheine im Wert von bis zu 50 Euro eingetauscht werden, was einerseits den spontanen Bedarf an Bargeld decken soll.
Engagement und Kritik
Der Ablauf der Tauschaktion ist gut organisiert, und ehrenamtliche Helfer wie Stephan Holzmann sorgen dafür, dass alles friedlich verläuft. Die Geflüchteten, unter ihnen auch viele Familien mit Kindern, werden in einer bestimmten Reihenfolge eingelassen, wobei Mütter mit Kindern Vorrang haben. Auch Beni, ein 24-jähriger Mann aus dem Kongo, ist unter den Wartenden. Er erzählt, dass die 50 Euro pro Monat nicht ausreichen, um seine Bedürfnisse zu decken, insbesondere weil in einigen Geschäften, wie afrikanischen Supermärkten, die Bezahlkarte nicht akzeptiert wird.
Die Initiative wird von Marina Dietweger, der Kreisvorsitzenden der Münchner Linken, unterstützt. Sie sieht die Bezahlkarte kritisch und beschreibt sie als rassistisch, da Asylbewerber bereits bei der Kartenzahlung leicht erkennbar sind. Für sie ist die Karte ein Symbol für den hohen Verwaltungsaufwand ohne großen Nutzen. Die Tauschbörse bietet hingegen direkte Hilfe und ermöglicht den Geflüchteten, bar zu bezahlen, etwa für Schulaktivitäten der Kinder oder Sprachkurse.
Politische Reaktionen und Zukunft der Tauschbörse
Während die Aktion bei den Geflüchteten und Unterstützern auf positive Resonanz stößt, regt sich politischer Widerstand. Der Arbeitskreis Juristen in der CSU setzt sich für Sanktionen gegen die Tauschbörse ein. Sie betrachten den Handel als Versuch, das flächendeckende Bezahlkartensystem zu unterlaufen und drängen auf Maßnahmen, um diese „Umgehungsversuche“ zu unterbinden.
Unbeeindruckt davon bleibt die Staatsanwaltschaft. Sie hat bis dato keinen Straftatbestand identifiziert, worüber Marina Dietweger sich keine Sorgen macht. Vielmehr plant sie, weitere solcher Tauschstellen zu eröffnen, um den Bedarf der Geflüchteten besser zu decken. Ein Komplott gegen die Aktion seitens einer anonymen Gruppe verlief ebenfalls im Sande, da die Polizei keine Rechtsverstöße feststellen konnte. Die Tauschbörse bleibt somit vorerst bestehen.
Für mehr Informationen zur Hintergrundgeschichte dieser Ereignisse, lesen Sie den ausführlichen Bericht auf www.focus.de.