Die Diskussion über den Einsatz von Cannabis zu medizinischen Zwecken nimmt in Deutschland Fahrt auf. Die steigenden Zahlen an Verschreibungen deuten nicht nur auf ein wachsendes Interesse hin, sondern werfen auch Fragen hinsichtlich der Qualität der Versorgung und der vorherrschenden Gesetzgebung auf.
Ein Anstieg der Verschreibungen
Diese Entwicklung ist markant: Nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit sind die Mengen an medizinischem Cannabis, die importiert werden, im Jahr 2023 um 40 Prozent angestiegen. Der Import von getrockneten Cannabisblüten stieg von 8,1 Tonnen im ersten Quartal auf 11,7 Tonnen im zweiten Quartal. Dieses Wachstum steht im direkten Zusammenhang mit der seit 2017 bestehenden Gesetzgebung, die es ermöglicht, Cannabis als Medizin zu verschreiben. Allerdings erkennen Experten, dass die Veränderungen auch durch die Teil-Legalisierung im April 2023 angerichtet wurden, die zur Entstigmatisierung des Cannabisgebrauchs beigetragen hat.
Der Weg zum Rezept
Die Niedrigschwelligkeit des Zugangs zu medizinischem Cannabis erschwert die Einschätzung der tatsächlichen medizinischen Notwendigkeit. Ein Berliner schildert seine Erfahrung mit einem Online-Rezeptservice: „Die Ärztliche Sprechstunde dauerte nicht einmal fünf Minuten, und ich wählte einfach Schmerzmittel für Rückenleiden aus. Schnell hatte ich mein Rezept in der Hand.“ Diese unkomplizierte Vorgehensweise ist jedoch mit Risiken behaftet, wie Experten anmerken, da ernsthafte Erkrankungen nicht immer vorliegen.
Online-Plattformen und deren Schattenseiten
Inzwischen sprießen Online-Plattformen, die Cannabis vertreiben, wie Pilze aus dem Boden. Diese bieten gegen Gebühr eine Konsultation und stellen ein privates Rezept aus. Die Ärzteschaft ist letztendlich häufig im Ausland ansässig, was die Korrektheit und Angemessenheit der verschriebenen Medikation in Frage stellt. Dies könnte bedeuten, dass Patienten, die wirklich auf medizinisches Cannabis angewiesen sind, in der Folge von Qualitätseinbußen betroffen sein könnten.
Der Markt für medizinisches Cannabis
Die Preise für medizinisches Cannabis liegen oft in einem Bereich, der mit den Preisen auf dem Schwarzmarkt vergleichbar ist – jedoch mit dem Vorteil garantierter Qualität. Diese Attraktivität wird von einer wachsenden Zahl von Nutzern erkannt, die nach legalen Wegen suchen, ihre Bedürfnisse zu stillen. Aber was geschieht mit der tatsächlichen medizinischen Versorgung? Die Fachgruppe für medizinisches Cannabis der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft weist darauf hin, dass die Verordnung von Cannabis auf Privatrezepten nicht im Sinne der Gesetzgebung ist.
Forderung nach mehr Überwachung
Die Verantwortlichen des Bundesgesundheitsministeriums sehen die Notwendigkeit, die Verschreibung der Arzneimittel genau zu beobachten. Während die aktuellen Entwicklungen auf ein Wachstum hin deuten, sind sich Experten einig, dass der Schutz der Patienten oberste Priorität haben sollte. Eine Sprecherin des Ministeriums bestätigte, dass Cannabis nur aus medizinischen Gründen verordnet werden dürfe. Ein persönliches Arztgespräch wird ebenfalls gefordert, um die medizinische Notwendigkeit zu klären.
Auf die Zukunft blicken
Die Cannabis Social Clubs könnten hier eine wichtige Rolle spielen, in der Hoffnung, dass diese Organisationen bald eine validierte und gesicherte Möglichkeit zur Beschaffung von Cannabis bieten. Andreas Peifer, der seit mehreren Jahren medizinisches Cannabis konsumiert, bringt es auf den Punkt: „Die Rezeptverschreibungen sind so hoch, dass die Verfügbarkeit leidet. Für mich als Patient ist es entscheidend, dass ich zügig die notwendigen Präparate erhalte.“ Sein Appell richtet sich klar an alle, die gesund sind und Cannabis zum Entspannen nutzen möchten: Sucht einen Anbauverein auf, um die Versorgung für chronisch Kranke sicherzustellen.
– NAG