In der Lausitz hat sich eine spannende Entwicklung abgezeichnet: Die Region rund um Cottbus strebt an, das erste europäische „Net-Zero Valley“ zu werden. Dieser ambitionierte Plan wurde kürzlich während des jährlichen Empfangs der Industrie– und Handelskammer Cottbus, an dem unter anderem der Ministerpräsident von Brandenburg, Dietmar Woidke, teilnahm, präsentiert. Die Lausitz, die einst stark von der Braunkohle abhhing, befindet sich nun im Strukturwandel und setzt alles daran, einen neuen wirtschaftlichen Fokus auf klimafreundliche Industrien zu legen. Diese Initiative erhält durch den sogenannten Net-Zero Industry Act (NZIA) zusätzlichen Rückenwind, welcher die europäische Industrie dabei unterstützen soll, klimaneutrale Technologien zu entwickeln und zu fördern.
Die Lausitz hat mit „Der Lausitzer Weg“ ein einzigartiges Beteiligungsprojekt ins Leben gerufen, das darauf abzielt, die Region als global relevanten Standort für Net-Zero-Industrie zu etablieren. Diese Initiative zeichnet sich dadurch aus, dass sie als erste Region in Europa einen Bottom-up-Ansatz verfolgt und die verschiedenen lokalen Akteure – von Kommunen über Verbände bis hin zu Unternehmen und Wissenschaft – aktiv in den Planungsprozess einbindet. So wird ein gemeinsames Zukunftsbild geschaffen, das den Vorstellungen und Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht wird.
Der Weg zur Net-Zero-Industrie
Wie genau funktioniert das? Der Net-Zero Industry Act zielt darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken und Wertschöpfungsketten für klimaneutrale Technologien aufzubauen. Dies erstreckt sich über 19 Themenfelder, die unter anderem Photovoltaik, Windkraft, Wasserstofftechnologie und CO2-Speichertechniken umfassen. Mit dem Ziel, einen Boost für die Net-Zero-Industrie zu gewährleisten, sollen die Rahmenbedingungen in ausgewählten Regionen, auch als Net-Zero Acceleration Valleys bezeichnet, verbessert und beschleunigt werden.
Die Lausitz hat sich bereits als Zukunftsstandort positioniert und strebt an, sich bundesweit als deutsches Net-Zero Valley zu bewerben. Hieran sind nicht nur lokale Akteure beteiligt, sondern auch eine länderübergreifende Arbeitsgruppe aus Sachsen und Brandenburg engagiert sich aktiv in dieser Initiative. Der Oberbürgermeister von Cottbus, Tobias Schick, sieht die Stadt als Motor des Strukturwandels und hat die regionale Federführung übernommen, um die notwendigen Anträge bis zum Ende des Jahres einzureichen.
Vorteile und Hoffnungen für die Region
Ein potentieller Erfolg im Wettlauf um den Titel des Net-Zero Valleys könnte für die Lausitz enorm bedeutsam sein. Die Region hofft auf regulatorische Standortvorteile, die eine schnellere Genehmigung von Projekten ermöglichen würden. Dies wäre besonders für Unternehmen von Interesse, die hier ansässig sind oder sich ansiedeln möchten. Schick betont, dass es darum gehe, für die heimische Wirtschaft bessere und lohnendere Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Entwicklung der Net-Zero-Industrie unterstützen könnten.
Die drastischen Veränderungen, die mit dem Kohleausstieg einhergehen, können durch den Aufbau einer soliden Net-Zero-Industrie möglicherweise kompensiert werden. Die Lausitz offenbart sich damit als ein Ort, an dem nicht nur alte Strukturen abgebaut, sondern gleichzeitig neue Perspektiven für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung geschaffen werden. Wenn das Konzept gelingt, könnte es als Blaupause für andere Regionen dienen, die ähnliche Transformationsprozesse durchlaufen.
In diesem dynamischen Kontext werden auch die relevanten Akteure gefordert, sich aktiv einzubringen. Der große Vorteil eines solchen Beteiligungsprozesses liegt darin, dass er Menschen und Organisationen an einen Tisch bringt, um gemeinsam eine nachhaltige Zukunft zu gestalten. Ein Ziel, das für Europa und darüber hinaus von grundlegender Bedeutung ist, angesichts der globalen Herausforderungen des Klimawandels und der Notwendigkeit, die Fußabdrücke der Industrie zu reduzieren.
Die Lausitz zeigt, dass mit visionärem Denken und gemeinschaftlicher Planung der Wandel zur Net-Zero-Industrie möglich ist. Dieses geschieht nicht nur aus der Notwendigkeit heraus, sich an die neuen ökologischen Gegebenheiten anzupassen, sondern auch aus dem klaren Willen heraus, sich als Vorreiter in einer neuen, umweltorientierten Wirtschaft zu positionieren.
Andreas Erb, ein Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags, berichtet für die Plattform #stadtvonmorgen über diese urbanen Transformationen und den internationalen Blickwinkel, wie Regionen ihre wirtschaftlichen Strukturen neu ausrichten können. Der Weg, den die Lausitz beschreitet, könnte die Grundlage für eine nachhaltige Industrialisierung in ganz Europa darstellen.
– NAG