Islamismusforscher erwarten in Österreich keine Kalifat-Proteste
Experten prognostizieren, dass es in Österreich keine Proteste geben wird, bei denen Demonstranten die Einführung einer islamischen Diktatur, auch bekannt als „Kalifat“, fordern. Diese Einschätzung beruht auf der Einschätzung, dass Gruppierungen wie Muslim Interaktiv hierzulande nicht über ausreichend Mobilisierungspotenzial verfügen. Eine direkte Verbotsmaßnahme würde nach Ansicht von Experten wenig Nutzen bringen.
Die jüngsten Vorfälle in Hamburg, wo über tausend Menschen für die Einführung einer islamischen Diktatur demonstrierten, haben Aufmerksamkeit erregt. Nach Informationen des Islamismusforschers Moussa Al-Hassan Diaw erfolgt die Mobilisierung solcher Protestteilnehmer hauptsächlich an Universitäten, insbesondere in Ballungsräumen wie Berlin, Hamburg und im Ruhrgebiet. In Städten wie Wien und Graz haben die Veranstalter solcher Demonstrationen hingegen wenig Einfluss. Eine Anmeldung solcher Veranstaltungen bei der Polizei in Österreich würde voraussichtlich keine Zustimmung finden.
Die Attraktivität dieser Bewegungen, insbesondere für suchende Studierende, erklärt der Islamwissenschaftler Rüdiger Lohlker von der Universität Wien. Gruppierungen wie Muslim Interaktiv bieten einfache Antworten auf komplexe Fragen, ein klares Weltbild und Sicherheit. Vor allem ihr modernes Erscheinungsbild in den sozialen Medien macht sie für ein jüngeres Publikum ansprechend. Trotz des vorhandenen islamistischen Potenzials in Wien warnen Experten davor, solchen Kalifat-Protesten mit einem Verbot zu begegnen, da dies möglicherweise eine gegenteilige Wirkung erzielen könnte.
Im Falle einer potenziellen Ausweitung der „Kalifat-Proteste“ nach Österreich empfehlen beide Experten den Behörden, ein Verbot zu vermeiden. Dies könnte dazu führen, dass solche Bewegungen mehr Aufmerksamkeit erhalten und sogar Personen ansprechen, die bisher keine Verbindung zum Islamismus hatten, wie dies bei einigen Teilnehmern von Anti-Israel-Protesten nach dem Gaza-Krieg der Fall war. Das Risiko, dass solche Proteste hierzulande Anhänger finden könnten, wird nicht ausgeschlossen.