Chinas Wirtschaft hat im dritten Quartal 2023 ein Wachstum von 4,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet. Dies entspricht den Erwartungen von Ökonomen, ist jedoch gleichzeitig das niedrigste Wachstum seit anderthalb Jahren. Auch die Gesamtzahl für das laufende Jahr liegt bislang bei lediglich 4,8 Prozent. Diese Situation wirft Fragen auf, ob das von der Regierung in Peking ausgegebene Ziel von rund fünf Prozent Wachstum in diesem Jahr erreicht werden kann.
Obwohl die offiziellen Zahlen eine moderate Stabilität suggerieren, ist die tatsächliche wirtschaftliche Lage im Land besorgniserregend. Viele Bürger sowie Ökonomen empfinden die gegenwärtige Situation deutlich negativer. Ende September hatte die Zentralregierung Schritte wie Zinssenkungen unternommen, um ein Konjunkturpaket anzustoßen. Diese Maßnahmen führten zu einem vorübergehenden Anstieg der chinesischen Aktienmärkte.
Hoffnungen auf ein Konjunkturpaket
Die aktuelle Lage hat dazu geführt, dass mehrere Wirtschaftsbehörden kürzlich Pressekonferenzen abhielten. Beispielsweise gab der Wohnungsbauminister Ni Hong bekannt, dass eine Kreditlinie für unfertige Wohnungen auf 4 Billionen Renminbi, umgerechnet etwa 500 Milliarden Euro, verdoppelt wird, um den angeschlagenen Wohnungsmarkt zu stabilisieren. Trotz einer anfänglichen zurückhaltenden Reaktion an den Finanzmärkten zeigte die Ankündigung, dass auch der Mindestreservesatz weiter gesenkt werden könnte, positive Effekte. Am Folgetag kletterten die Indizes in Hongkong und auf dem Festland um fast ein Prozent.
Die Bevölkerung sowie Analysten setzen weiterhin große Hoffnungen in ein umfassendes Konjunkturpaket. Nachdem Peking wiederholt vor negativen Kommentaren zur wirtschaftlichen Lage gewarnt hatte, hatten sich viele Wirtschaftswissenschaftler monatelang zurückgehalten. In den letzten Wochen jedoch hat sich der Druck erhöht, und Experten wie Liu Shangxi, Leiter der chinesischen Akademie der Fiskalwissenschaften, fordern eine Ankurbelung des Stimulus auf mindestens 10 Billionen Renminbi, was rund 1,3 Billionen Euro entspräche. Zuvor hatte bereits das Wirtschaftsmagazin Caixin über Stimulus-Pläne in Höhe von 6 Billionen Renminbi, also etwa 800 Milliarden Euro, berichtet. In sozialen Medien entbrannten daraufhin hitzige Debatten unter den Ökonomen, wobei einige Beiträge sogar zensiert wurden.
Xis wirtschaftliche Strategie im Fokus
Die ersten Hoffnungen auf ein baldiges Konjunkturpaket wurden durch die Medienkonferenzen von Mitte Oktober enttäuscht. Stattdessen richtet sich das Augenmerk nun auf den Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses, der möglicherweise am Ende des Monats höhere staatliche Ausgaben beschließen könnte. Doch die Frage bleibt im Raum, ob tatsächlich ein größeres Paket verabschiedet wird.
Es gibt bisher keine Hinweise darauf, dass Präsident Xi Jinpings grundlegende wirtschaftspolitische Richtung, die stark auf die Angebotsseite fokussiert ist, überdacht werden könnte. Diese Strategie sieht vor, finanzielle Mittel in Industrien zu investieren, die Peking als zukunftsträchtig erachtet, während die Probleme der Volkswirtschaft eher auf der Nachfrageseite liegen. Viele Konsumenten sind zurückhaltend, und zahlreiche kommunale Regierungen müssen aufgrund sinkender Steuereinnahmen sparen. Dies führt dazu, dass die bisherige Politik vorrangig auf die Stabilisierung der Finanzen der Lokalregierungen sowie des Immobilienmarktes abzielt.