Brigitte Bierlein, die erste Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs und erste Bundeskanzlerin der Republik, verstarb im Alter von 74 Jahren. Vor fünf Jahren wurde sie an die Spitze einer Beamtenregierung berufen, als Österreich durch die Ibiza-Affäre erschüttert war. Präsident Van der Bellen suchte nach einer Persönlichkeit von tadelloser Integrität, und fand diese in Brigitte Bierlein. In ihrer Rolle als Übergangskanzlerin brachte sie Stabilität in eine aufgeheizte politische Situation, bis Neuwahlen durchgeführt wurden.
Bierlein zeichnete sich durch Bescheidenheit und Zurückhaltung aus, sowohl in ihrem Auftreten als auch gegenüber den Medien. Trotz ihrer Zurückhaltung erntete sie außergewöhnliche Zustimmung für ihre Korrektheit und die Akzeptanz ihrer Rolle als Übergangskanzlerin. Ihr Stil war stets makellos und farbenfroh in der Garderobe, was sie von anderen Politikern abhob.
Abseits ihrer politischen Funktionen war Brigitte Bierlein eine passionierte Kunst- und Kulturliebhaberin. Sie engagierte sich in verschiedenen künstlerischen Bereichen und war Leiterin der Sonderkommission zur Aufklärung des Skandals in der Wiener Ballettakademie. Geboren als Tochter eines Beamten und einer Künstlerin, absolvierte sie ihr Rechtsstudium in Mindeststudienzeit und machte sich als Richterin, Staatsanwältin und später als Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs einen Namen.
Ihr Lebensgefährte, der Richter Ernest Maurer, verstarb im Jahr 2021. Brigitte Bierlein folgte ihm am Montag nach. Ihr Tod löste eine Welle des Abschieds in der gesamten Republik aus, von hochrangigen Politikern bis hin zu den Bürgern. Brigitte Bierlein wird als integrer und farbenfroher Pionierin in Erinnerung bleiben.