
Die Wiener Kulturszene hat sich seit der Veröffentlichung der „Kulturstrategie 2030“ im November 2023 vielfältig zu Wort gemeldet. Während sich viele Akteure in den Handlungsfeldern zufrieden zeigen, wurden auch kritische Stimmen laut. Insbesondere die Themen Klassismus und soziale Herkunft wurden von Irmgard Almer von der IG Kultur Wien als nicht ausreichend behandelt bezeichnet. Sie fordert zudem klare Umsetzungspläne, die derzeit fehlen. Kleine Zeitung berichtet weiter, dass Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren die hohe Abstraktion der Strategie anprangert und dringend Handeln fordert.
Vasilena Gankovska von der IG Bildende Kunst sieht die Strategie zwar als einen wichtigen Ausgangspunkt, verlangt aber einen konkreten Zeit- und Finanzplan sowie die Einrichtung einer Arbeits- und Monitoringgruppe. Auch der Bedarf an leistbaren Räumen für Künstler in ganz Wien wird immer wieder betont. Leerstandsaktivierung wird als wichtiges Werkzeug angesehen, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Die Forderungen nach mehr Teilhabe und Sichtbarkeit sind zentrale Themen der freien Szene.
Kritik an aktuellen Rahmenbedingungen
Besonders deutlich wird die Kritik an der unzureichenden Bezahlung von Gastkünstlern in großen Theatern, wie Ulrike Kuner von der IG Freie Theaterarbeit feststellt. Darüber hinaus berichtet Eva-Maria Bauer vom Österreichischen Musikrat, dass es in Wiener Musikschulen einen Bedarf für 1.500 zusätzliche Plätze gibt. Auch Amadeus Mader vom Forum Österreichischer Filmfestivals fordert die Einführung einer „Kulturquote“ sowie einen „Kultureuro“, der als zweckgebundene Tourismusabgabe dienen soll.
Ruiss macht darauf aufmerksam, dass Wien kein eigenes Kunst- und Kulturförderungsgesetz hat. Er fordert einen verbindlichen Rechtsrahmen für die Kulturförderung, um die Situation nachhaltig zu verbessern. Umso drängender wird die Forderung, Kunst und Kultur in der Verfassung als Staatsziel zu verankern. Diese Forderung findet sich auch im Kulturpolitik-Kapitel des Wahlprogramms der SPÖ. Ruiss äußert, dass die Auswirkungen von Sparmaßnahmen auf die Kultur bisher unklar sind, während er und Bauer der neuen Bundesregierung eine Schonfrist gewähren und ernsthafte Gespräche fordern.
Soziale Lage der Kunstschaffenden
Im Kontext der laufenden Diskussionen über die Wiener Kulturstrategie wird auch die „Studie zur sozialen Lage der Kunstschaffenden in Österreich“ beleuchtet, die 2017 von Kulturminister Thomas Drozda in Auftrag gegeben und 2018 veröffentlicht wurde. Laut Bundeskanzleramt zeigt die Studie, dass im letzten Jahrzehnt trotz einzelner Maßnahmen kaum Veränderungen in der Lage der Kunst- und Kulturschaffenden erkennbar sind. Kulturminister Gernot Blümel äußert, dass die geringe positive Veränderung ein unerfreulicher Befund ist und sieht jedoch Möglichkeiten für Verbesserungen in der Legislaturperiode.
Die Studie deckt mehrere Handlungsfelder zur Verbesserung der Situation auf, darunter die finanzielle Ressourcenausstattung, Arbeitsmarktpolitik sowie die Digitalisierung. Um den Herausforderungen der modernen Kulturarbeit gerecht zu werden, ist auch ein neuer Förderschwerpunkt mit einem Budget von bis zu 5 Millionen Euro im digitalen Bereich eingerichtet worden. Zudem wird die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern als entscheidend für die künftige Kulturförderung angesehen.
Mit diesen umfassenden Forderungen und Analysen zeigt die Wiener Kulturszene klar, dass sie nicht nur auf Veränderungen hofft, sondern einen aktiven Dialog mit den Entscheidungsträgern fordert, um die künstlerische Landschaft nachhaltig zu gestalten. Weitere Informationen zur „Kulturstrategie 2030“ sind auf der website Wien.gv.at abrufbar.
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