In einer bedeutenden Entscheidung hat der staatliche Energieversorger Wien Energie bekannt gegeben, dass er ab dem kommenden Jahr keinen russischen Gas mehr an seine Kunden verkaufen wird. Diese Ankündigung wurde am Freitag in einer offiziellen Mitteilung der Firma kommuniziert.
Wien Energie fungiert als der größte Käufer und Distributor von Erdgas in Wien und versorgt rund 2 Millionen Kunden mit Strom, Wärme und Gas. Darunter befinden sich 460.000 Haushalte, die auf die Fernwärmeversorgung angewiesen sind. Michael Strebl, der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, betonte die ethische Verantwortung: „Jeder, der Gas oder Wärme von Wien Energie kauft, kann sicher sein, dass diese Mittel nicht zur Finanzierung von Russlands Krieg verwendet werden.“
Finanzielle Herausforderungen durch den Ausstieg
Der Verzicht auf russisches Gas wird Wien mehrere Millionen Euro kosten, insbesondere aufgrund der Notwendigkeit, bestehende Verträge zu kündigen. Wien Energie versichert jedoch, dass diese zusätzlichen Kosten nicht an die Kunden weitergegeben werden. Dies steht im Kontrast zur aktuellen Situation in Österreich, wo das Land insgesamt noch stark von russischen Gaslieferungen abhängig ist. Im Juli dieses Jahres belief sich der Anteil von importiertem Gas aus Russland auf 83 Prozent, was etwa 6 Milliarden Kubikmetern pro Jahr entspricht.
Die Entscheidung von Wien Energie könnte als richtungsweisend für andere Unternehmen in Österreich dienen. Vor diesem Hintergrund gibt es innerhalb des Landes zurzeit keine konkreten Pläne, ebenfalls aus dem russischen Gas auszusteigen. Diese Ankündigung fällt in eine Zeit, in der die österreichische Regierung in ihrer aktualisierten nationalen Sicherheitsstrategie festgelegt hat, dass die gesamte EU bis zur Mitte des Jahres 2027 aus russischem Gas aussteigen muss.
Die Entscheidung von Wien Energie ist stark mit den jüngsten globalen Kontexten verbunden, insbesondere im Hinblick auf die geopolitischen Spannungen und den Krieg in der Ukraine. Österreichs Rolle als Importeur von russischem Erdgas wird zunehmend kritisch betrachtet, da dies indirekt zur Finanzierung der militärischen Aktivitäten Russlands beiträgt.
Die Unternehmensgeschichte von Wien Energie ist geprägt von Innovationen und Herausforderungen. In der Vergangenheit machte das Unternehmen auf sich aufmerksam mit den Bemühungen, geothermische Energien in städtischen Gebieten zu fördern. Außerdem war man während der Energiekrise 2022 in den Schlagzeilen, als das Unternehmen beinahe aufgrund fehlender Absicherungen gegen Preisschwankungen in den Bankrott gerutscht wäre. Diese jüngste Entscheidung stellt jedoch einen signifikanten Schritt in Richtung einer nachhaltigeren und verantwortungsvolleren Energiepolitik dar.
Die Entwicklungen bei Wien Energie repräsentieren nicht nur ein einzelnes Unternehmen, sondern zeigen auch einen größeren Trend in Europa, hin zu einer Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Ländern mit fragwürdigen Menschenrechts- und Kriegsführungspolitiken. Es bleibt abzuwarten, wie ähnliche Anbieter auf diese Entscheidung reagieren und ob Österreichs Abhängigkeit von russischem Gas bald ebenfalls überwunden werden kann.