Im elften Bezirk Wiens, bekannt für seine versteckten Schätze, wird in den kommenden Wochen ein musikalisches Werk in einem weitgehend vergessenen Schloss vollendet. Schloss Neugebäude, einst als Prachtbau gedacht, hat eine bewegte Geschichte hinter sich, die von Ruhm und Missgeschick geprägt ist. Die Einweihung dieses neuen kulturellen Events zieht die Aufmerksamkeit auf einen Ort, den viele Wiener kaum kennen, und bietet eine neue Perspektive auf lokale Kultur.
Das Schloss liegt abseits der üblichen Wege, und selbst Google Maps hat es anscheinend vergessen. Besucher kämpfen oft mit dem Labyrinth von Straßen, das sie um die umliegenden Friedhöfe und Gärten führt. Georg Steker, der Leiter der Musiktheatertage Wien und selbst ein gebürtiger Wiener, gab zu, dass selbst er erst vor kurzem von der Existenz dieses Bauwerks erfahren hat. „Ich wusste, dass hier öfter ein Sommerkino stattgefunden hat; ob ich zuvor schon einmal da war, kann ich nicht genau sagen“, erklärte Steker. Nun ist er jedoch regelmäßig in dieser Gegend anzutreffen. Die Aufführung des Errortheaters unter dem Komponisten Alexander Chernyshkov im ehemaligen Ballspielhaus des Schlosses bringt frischen Wind in diese oft übersehene Ecke Wiens.
Die Geschichte des Schlosses
Die Geschichte von Schloss Neugebäude ist nicht nur spannend, sie ist auch lehrreich. Ursprünglich im 16. Jahrhundert von Kaiser Maximilian II. erbaut, war es ein beeindruckender Lustgarten, der bis heute seine Spuren hinterlässt. Doch nach dem Tod Maximilians ging der Glanz des Schlosses verloren. Sein Sohn, Rudolf II., führte die Bauarbeiten nicht zu Ende, und Maria Theresia verwandelte Teile des Bauwerks in ein Schießpulverdepot, wodurch wichtiger Baustrukturen verloren gingen. Heute ist das Schloss seit 1922 im Besitz der Stadt Wien und wird von der Gemeinde verwaltet, die in der Umgebung die Feuerhalle Simmering und einen Urnenhain angelegte. Trotz dieser traurigen Wendungen bleibt das Schloss ein stiller Ort voller Erinnerungen.
Der Zustand des Schlosses zeigt die lange Vernachlässigung; kleine Renovierungsarbeiten wurden vorgenommen, doch für eine umfassende Restaurierung fehlen die Mittel. Geschichten über vergangene Feste und prächtige Gartenanlagen, wo einst exotische Pflanzen gedeihten, umgeben das historische Gebäude.
Ein neuer kultureller Akzent
Wie Steker anmerkt, verwechselt der Komponist Chernyshkov den Namen des Werkes mit dem „Simmerring“ – eine homophone Anspielung auf den Höhenluftkurort Semmering, den er eigentlich besuchen wollte. „Er landete aber in Simmering und fand dort musikalische Inspiration“, berichtet Steker. Der Besuch des Schlosses, erst vor Kurzem wieder in das kulturelle Bewusstsein gerückt, zieht nun ungewöhnlich viele Menschen an.
Die Musiktheatertage Wien präsentieren vom 18. bis 28. September eine Reihe von Aufführungen, darunter die Premiere von „Der Simmerring“ am 25. September. Ein Shuttle-Service wird die Zuschauer von der U3-Endstation zum Schloss bringen. Das interesse der Wiener für diese kulturelle Perspektive könnte zu einer Renaissance des Schlosses führen und zeigt, dass vergessene Orte wieder erstrahlen können. In diesem Fall ist der Weg zum Erfolg durch ein gewisses Maß an musikalischer Kultur geebnet.
Das einstige Lusthaus hat sich also, wenn auch ungewollt, in eine kulturelle Anlaufstelle verwandelt. In den letzten zwei Wochen tönte die zeitgenössische Musik des Simmerrings und erweckte den Ort zu neuem Leben, während die Klänge der Vergangenheit durch die Gänge des Schlosses widerhallten. Die Kombination aus Geschichte, Kultur und der neu gewonnenen Aufmerksamkeit könnte zu einem wichtigen Wendepunkt für Schloss Neugebäude werden. Ein Ort, der lange im Schatten der Wiener Museen und Prunkbauten im Rest der Stadt stand, findet jetzt wieder einen Platz im Herzen der Bewohner.
Detaillierte Informationen zur Geschichte von Simmering und dem Schloss Neugebäude sowie das aktuelle Programm der Musiktheatertage sind auch auf der Webseite www.diepresse.com zu finden.