In Liesing, einem aufstrebenden Bezirk Wiens, gibt es einen paradoxen Trend. Während die Bevölkerung stetig wächst, nimmt die Anzahl der verfügbaren Ärzte ab. Diese besorgniserregende Entwicklung hat Bezirksvorsteher-Stellvertreter Patrick Gasselich (ÖVP) auf den Plan gerufen, der erneut die Errichtung eines Gesundheitszentrums fordert. Die aktuelle Statistik der Ärztekammer zeigt, dass die Zahl der Kassenärzte von 94 im Jahr 2023 auf nur noch 92 gesunken ist, während die Anzahl der Wahlärzte von 112 auf 108 zurückgegangen ist.
Die Bevölkerungszahl in Liesing ist seit 2010 um 27,78 Prozent angestiegen, was die Dringlichkeit für mehr medizinische Versorgung unterstreicht. „Ich möchte die beste medizinische Versorgung. Die Kassenstellen müssen attraktiver werden und die drei Liesinger Gesundheitszentren müssen endlich tatsächlich errichtet werden“, so Gasselich. Besonders kritisch sieht er die Tatsache, dass im viertgrößten Bezirk Wiens bislang keine Primärversorgungseinheit (PVE) für Allgemeinmedizin existiert. Solch eine Einrichtung würde es mehreren Allgemeinmedizinern und Fachkräften im Gesundheitswesen ermöglichen, zusammenzuarbeiten und den Patienten eine umfassendere Versorgung zu bieten.
ÖGK meldet positive Entwicklungen
Im Gegensatz zu diesen alarmierenden Zahlen äußert sich die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) optimistisch über die aktuelle Situation der Gesundheitsversorgung in Liesing. Michaela Glauninger von der ÖGK teilt mit, dass von den 47 geplanten Stellen für Allgemeinmedizin 39 seit dem 1. Juli 2024 besetzt sind. Zudem sind von den 55 Führungspositionen für allgemeine Fachärzte bereits 49 Stellen vergeben.
Dennoch ist die Situation nicht unproblematisch. Einige Stellen befinden sich derzeit in einem Umsetzungsprozess und sind noch ausgeschrieben. Weiterhin ist ein Primärversorgungszentrum für den Bezirk zwar vorgesehen, jedoch gibt es Herausforderungen bei der Umsetzung, da das zunächst auserwählte Ärzteteam nicht formiert werden konnte. Glauninger erwähnt auch ein erweitertes Angebot für Kinderärzte, das „KIZ Docs for Kids“ nennt.
PVE-Projekte in Aussicht
Die Bezirksvertretung zeigt sich jedoch einig, dass die Einführung von Primärversorgungseinheiten (PVE) dringend notwendig ist. Der Regionale Strukturplan Gesundheit Wien sieht die Errichtung von mindestens zwei PVE im 23. Bezirk vor. Ein zusätzlicher Standort wurde kürzlich beschlossen, um den Bedarf weiter zu decken. Bezirksvorsteher Gerald Bischof (SPÖ) konstatiert, dass für zwei der drei geplanten PVE bereits Ausschreibungen durchgeführt wurden und die Suche nach potenziellen Interessenten im Gange ist. Er betont, dass die Ausschreibungen für neue Kassenplanstellen sowohl für Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner als auch für Fachärzte auf reges Interesse stoßen.
Die Situation in Liesing ist ein Beispiel für die Herausforderungen im Gesundheitssystem, die durch das Wachstum der Bevölkerung und einen Mangel an medizinischen Fachkräften verstärkt werden. Bürger und Entscheidungsträger sind gefordert, Lösungen zu finden, um eine angemessene Gesundheitsversorgung für alle zu gewährleisten.
Insgesamt bleibt die Frage im Raum stehen, wie Liesing seine medizinischen Bedürfnisse in den kommenden Jahren decken kann, während die Diskussionen über notwendige Schritte und mögliche Lösungen weiterhin an Dynamik gewinnen.