Am 21. November 1964 wurde mit dem Dekret „Orientalium Ecclesiarum“ das reiche ostkirchliche Erbe der katholischen Kirchen gefeiert. Dieses bedeutende Ereignis fiel in die Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils, als Papst Paul VI. die Anerkennung dieser Kirchen binnen der katholischen Gemeinschaft formal bekräftigte. Sechs Jahrzehnte später erinnern sich 16 internationale Wissenschaftler an diesen Meilenstein und bringen in einem neuen Grundlagenwerk die Vielfalt und Bedeutung der katholischen Ostkirchen zum Ausdruck.
Die Publikation mit dem Titel „Die katholischen Ostkirchen“ gibt einen umfassenden Einblick in den Ursprung, die Entwicklung und die gegenwärtige Situation von 23 eigenständigen katholischen Ostkirchen, die in Kirchengemeinschaft mit Rom stehen. Hierbei wird besonders auf die einzigartigen liturgischen Riten, kanonischen Regelungen und kulturellen Besonderheiten dieser Kirchen eingegangen, die sich stark vom lateinischen Ritus der römisch-katholischen Kirche abheben. Es wird erläutert, dass die Liturgie dieser Kirchen verschiedene Traditionen umfasst, darunter die byzantinische, westsyrische und koptische.
Ein Blick auf die Strukturen der Ostkirchen
Die Struktur der katholischen Ostkirchen ist vielfältig und kann als hierarchisch unterschiedlich beschrieben werden. Sie umfassen eine Vielzahl von Organisationen wie Patriarchatskirchen und Metropolitankirchen, sowie kleinere Eparchien, die oft ohne eigenständige Hierarchie auskommen. Diese Komplexität führt zu einer Uneinigkeit unter Experten bezüglich der genauen Zahl der existierenden Kirchen.
Besonders erwähnenswert sind die Ostkirchenordinariate, die in Ländern wie Österreich eingerichtet sind. Hierbei handelt es sich um Verwaltungseinheiten, die mehrere Ostkirchen unter der Leitung eines römisch-katholischen Bischofs vereinen. Solche Strukturen gibt es ebenfalls in Argentinien, Brasilien, Frankreich und Spanien. Diese Ordinariate sind essenziell für die pastoral Tätigkeit und bieten den Gläubigen eine strukturierte Gemeinschaft.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Autonomie der katholischen Ostkirchen. Diese Kirchen gelten als „Ecclesiae sui iuris“, was bedeutet, dass sie rechtlich eigenständig sind. Dies ermöglicht ihnen, das kirchliche Leben und die Sakramente weitgehend unabhängig zu gestalten, obwohl sie den Papst als ihr Oberhaupt anerkennen. Eine markante Besonderheit, die diesen Kirchen zugeschrieben wird, ist die Praxis verheirateter Priester, die in vielen ostkirchlichen Traditionen verbreitet ist.
Herausforderungen und Entwicklungen
In den letzten Jahren hat die Migrationsbewegung, insbesondere durch die Krisen im Nahen Osten und den Krieg in der Ukraine, die Präsenz der katholischen Ostkirchen in Westeuropa verstärkt. Dies hat sowohl Herausforderungen als auch eine erhöhte Sichtbarkeit für diese Kirchen mit sich gebracht. Durch diese Veränderungen ergaben sich neue pastorale Aufgaben, die die Gemeinden und ihre Führungen annehmen müssen.
Das Handbuch über die katholischen Ostkirchen wurde von einem renommierten Team von Wissenschaftlern herausgegeben, darunter Prof. Christian Lange aus Würzburg und Prof. Dietmar Winkler aus Salzburg. Sie haben durch ihre Beiträge wesentlich zur Vielfalt und Tiefe des Themas beigetragen. Wissenschaftler mit Bezug zu Österreich, wie Prof. Thomas Nemeth und Andrea Riedl, haben ebenfalls bedeutende Einsichten in ihren jeweiligen Fachgebieten geliefert.
In Österreich existiert ein Ostkirchenordinariat, das rund 20.000 Gläubige aus verschiedenen Ostkirchen umfasst. Die größte Gruppe ist die Ukrainische Griechisch-katholische Kirche, gefolgt von weiteren Gemeinschaften wie der Rumänischen und Slowakischen Kirche. Es werden in der Zentralpfarre St. Barbara in Wien sowie in etwa 35 Seelsorgestellen über das Land Gottesdienste angeboten. Diese Gottesdienste sind für alle Katholiken, auch für jene des lateinischen Ritus, zugänglich, was eine wertvolle Verknüpfung der unterschiedlichen Traditionen darstellt.
Weitere Informationen zu diesem Thema, einschließlich Literaturhinweisen, sind auf www.katholischeostkirchen.at verfügbar. Das neue Buch „Die katholischen Ostkirchen“, veröffentlicht im Verlag Herder, stellt eine wertvolle Ressource dar für alle, die sich intensiver mit der reichen Geschichte und der Vielfalt der katholischen Ostkirchen auseinandersetzen möchten.