Am Theater in der Josefstadt hat sich laut einem Bericht des Standard eine ernsthafte Kontroverse entwickelt. Der Direktor, Herbert Föttinger, sieht sich massiven Vorwürfen ausgesetzt, die darauf hindeuten, dass er eine „Kultur der Angst“ innerhalb der Institution etabliert hat. Mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berichten von einem belastenden Arbeitsklima, das durch aggressive Vorfälle und drohende Ansagen gekennzeichnet ist, was die Frage aufwirft, wie ein gesundes Arbeitsumfeld in einem künstlerischen Schaffensprozess aufrechterhalten werden kann.
Insbesondere wird Föttingers häufige Nutzung von Wutausbrüchen als besorgniserregend beschrieben, wobei er Mitarbeiter verbal angreift und mit Existenzvernichtung droht. Diese gravierenden Anschuldigungen reflektieren ein tief verankertes Problem in vielen kreativen Organisationen, in denen die Hoffnung auf kreative Freiheit oft durch Angst vor Repression gehemmt wird. In einem internen Schreiben hat Föttinger zwar eingeräumt, dass er an seinem Verhalten arbeiten müsse, doch bleiben die konkreten Folgen seiner Wortwahl für die betroffenen Mitarbeiter unklar.
Untersuchung eingeleitet
Die Vorwürfe werden von den Verantwortlichen des Theaters ernst genommen. In einer Stellungnahme bestätigten sowohl die künstlerische Direktion als auch die Geschäftsführung und der Stiftungsrat, dass eine interne Untersuchung eingeleitet wurde. Die Ensemblevertretung hat ebenfalls angekündigt, Gespräche mit den Mitarbeitern zu führen, um die Vorwürfe umfassend aufzuklären. Dies zeigt, dass das Theater bereit ist, sich mit den internen Spannungen auseinanderzusetzen, auch wenn die Glaubwürdigkeit und die Reaktion auf solche Vorwürfe oft entscheidend sind, um Veränderungen herbeizuführen.
In einem insgesamt aufschlussreichen internen Schreiben versucht Föttinger, den Vorwürfen entgegenzutreten. Er gibt zu, dass seine Kommunikationsweise möglicherweise als bedrohlich empfunden wird. Sein Anliegen scheint es zu sein, die Wahrnehmung seines Führungsstils zu ändern und sich selbst für diese Wahrnehmung zu entschuldigen.
Eine Regieassistentin schildert konkret, wie Föttinger nach einer kritischen Rückmeldung in einem geschlossenen Raum brüllte. Föttinger weist das Geschehen zwar zurück, bedauert aber etwaige negative Empfindungen, die durch sein Verhalten hervorgerufen wurden. Solche Anekdoten tragen zur Schaffung eines Bildes bei, das über individuelle Vorfälle hinausgeht und Fragen zu einer breiten Kommunikations- und Führungskultur aufwirft, die in kreativen Berufen von entscheidender Bedeutung ist.
Zusätzliche Vorwürfe und Reaktionen
Besonders gravierend ist der Fall einer Ankleiderin, die das Theater nach einem sexuellen Übergriff durch einen Schauspieler verlassen hat. Sie wandte sich direkt an die Direktion und stellte fest, dass es im Haus keine klaren Ansprechpartner für sexuelle Belästigung gebe. Dies wirft ein Licht auf das mangelnde Bewusstsein und die fehlenden Strukturen in der Institution, um auf solche verletzlichen Situationen angemessen zu reagieren. Auch wenn die Direktion erklärte, sie habe die Kosten für eine Therapie übernommen und die Mitarbeiterin bestmöglich von dem Schauspieler getrennt, bleibt die Tatsache bestehen, dass solche Vorfälle nicht isoliert sind.
Föttinger selbst geht auf die unterschiedlichen Darstellungen der Vorfälle ein und versucht, eine klare Trennung zwischen den Erzählungen der betroffenen Mitarbeiter und den entsprechenden Fakten zu schaffen. Ihm ist es wichtig, zu betonen, dass in seiner Zeit als Direktor keine „Kündigungs-Kultur“ am Theater in der Josefstadt existiert habe. Diese Aussage ergibt sich aus der Tatsache, dass die Mitarbeiterfluktuation gering sei und langjährige Arbeitsverhältnisse die Norm seien.
Das Theater in der Josefstadt steht somit im Zentrum einer brisanten Debatte, die nicht nur die internen Strukturen des Hauses in den Fokus rückt, sondern auch Fragen zur künstlerischen Freiheit, zu Machtverhältnissen und zu einem respektvollen Miteinander in einem kreativen Umfeld aufwirft. Die laufende Untersuchung könnte möglicherweise dazu führen, dass konkrete Veränderungen in der Kommunikations- und Führungskultur eingeleitet werden müssen, um ein sicheres und unterstützendes Arbeitsumfeld für alle Mitarbeiter zu schaffen.