Herbert Föttinger, der Direktor des Theaters in der Josefstadt, sieht sich schweren Vorwürfen konfrontiert, die in einem Artikel des „Standard“ veröffentlicht wurden. Diese Anschuldigungen stammen von aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern, die von einer „permanenten Angststimmung“ unter Föttingers Führung berichten. Zudem wird ihm vorgeworfen, die sexuellen Übergriffe durch einen Schauspieler nicht ausreichend verfolgt zu haben.
Die Situation wird durch Föttingers Führungsstil weiter verstärkt; ihm werden unkontrollierte Zornausbrüche und öffentliche Demütigungen von Mitarbeitern vorgeworfen. Ein Beispiel dafür ist die angebliche Reaktion auf eine Kritik einer ehemaligen Regieassistentin, die Föttinger laut Berichten anschrie und mit der sofortigen Entlassung drohte. Föttinger selbst bestreitet diesen Vorfall und betont, dass es keine Kündigungen gab.
Vorwürfe werden ernst genommen
In einer Stellungnahme äußerte Föttinger, er erinnere sich nicht an den besagten Vorfall und hebt hervor, dass keine „Kultur der Kündigung“ im Theater herrsche. Obwohl viele Mitarbeiter seit Jahren dort beschäftigt sind, wird die Führungsmethodik von Föttinger kritisiert. Ein Ensemblemitglied bezeichnete das Aufstöhnen und die Lautstärke während der Proben als „ganz normal“, während andere Mitarbeiter sagen, dass Föttingers autoritärer Führungsstil Machtmissbrauch und übergriffiges Verhalten begünstige.
Gleichzeitig betonte Föttinger, dass er sich entschuldigen wolle bei all jenen, die sich durch sein Verhalten gekränkt fühlten. Er gab an, an seinem Verhalten arbeiten zu wollen und ermutigte die Mitarbeiter zu einer offenen Kommunikation.
Sexuelle Belästigung und mangelnde Maßnahmen
Ein weiterer schwerwiegender Punkt ist der Umgang des Theaters mit Vorwürfen gegen einen Schauspieler, der 2019 einer ehemaligen Ankleiderin mehrfach sexuelle Belästigung vorgeworfen wurde. Diese hat den Vorfall dem Betriebsrat gemeldet, doch zunächst passierte wenig. Erst als der Schauspieler in einer Kampagne gegen Gewalt an Frauen öffentlich wurde, meldeten sich weitere Betroffene und es gab erneut Forderungen nach einer angemessenen Reaktion des Theaters.
Die Direktion bot der betroffenen Ankleiderin an, die Kosten für eine Therapie zu übernehmen, wies jedoch anfangs ihre Bitte zurück, nicht mehr mit dem Schauspieler arbeiten zu müssen. Dies führte dazu, dass die Ankleiderin im Sommer 2021 das Theater verließ, da die psychischen Belastungen für sie zu hoch wurden.
Der betreffende Schauspieler wies die Vorwürfe vehement zurück. Laut Föttinger wurde nach anwaltlicher Prüfung eine Verwarnung ausgesprochen. Außerdem engagierte das Theater die Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser für Seminare zur Gewaltprävention. Es wurde ein Verhaltenskodex angedacht, dessen Umsetzung jedoch scheiterte. Trotz der Durchführung von nur drei Workshops konnten die Mitarbeiter einen Kodex formulieren, jedoch blieb eine offizielle Unterschrift der Direktion aus.
In einem weiteren Vorfall beschrieb ein Zeuge, dass Föttinger den erarbeiteten Kodex als „lächerlich“ bezeichnete und sich weigerte, diesen zu unterzeichnen. Unter den Mitarbeitern wuchs das Gefühl, dass eine „Kultur der Angst“ unter der Leitung von Föttinger hinsichtlich kreativer Meinungsäußerung herrsche.
Trotz der Vorwürfe versicherte Thomas Drozda, Stiftungsvorstandsvorsitzender, dass Föttinger sich seit fast zwei Jahrzehnten leidenschaftlich für das Theater einsetzt und die Fluktuation innerhalb der Belegschaft extrem niedrig sei. Allerdings wird betont, dass die Stiftung eine umfassende Untersuchung der Vorwürfe einleitet, um die Vorfälle lückenlos aufzuklären.