Die aktuellen Entwicklungen am Theater in der Josefstadt werfen einen Schatten auf die langjährige Leitung von Herbert Föttinger. Berichten zufolge sehen sich der Direktor und das Theater mit schweren Vorwürfen konfrontiert, die ein „System der Angst“ innerhalb der Institution betreffen. Dies geht aus einem Artikel des Standards hervor, in dem ehemalige und aktuelle Mitarbeiter ihre Erfahrungen offenbaren.
Ein zentrales Thema des Berichts sind die Berichte über eine unzureichende Reaktion auf sexuelle Belästigung, die von einem Schauspieler ausgehen. Eine ehemalige Ankleiderin schilderte, dass sie 2019 mehrfach belästigt wurde, und die darauf folgende Reaktion des Theaters habe nicht ausgereicht, um die Situation zu klären oder zu ahnden. Der Vorfall erhielt erneute Aufmerksamkeit, als der Schauspieler 2021 in einer Anti-Gewalt-Kampagne auftrat.
Föttingers Führungsstil im Fokus
Der Direktor wird außerdem für seinen autoritären Managementstil kritisiert. Mitarbeiter berichten von Wutausbrüchen und einer Atmosphäre der Einschüchterung. Eine ehemalige Regieassistentin erzählte, dass sie nach einer kritischen Rückmeldung von Föttinger befürchten musste, sofort entlassen zu werden. Föttinger selbst bestreitet jedoch, sich an spezifische Vorfälle zu erinnern und betont, dass die Zahl der langjährigen Mitarbeiter im Theater nicht mit einer sogenannten „Kündigungskultur“ zusammenhängt.
In den Vorwürfen wird weiter angemerkt, dass Föttinger häufig alle Aspekte der Inszenierung diktiere und wer zu Hause etwas hinterfrage, sich vor dem gesamten Team bloßgestellt fühle. Diese Einschüchterungsstrategien sollen laut Berichten eine jahrelange Norm im Hause sein, was die künstlerische Freiheit und die psychische Sicherheit der Mitarbeiter beeinträchtige.
Unzureichende Maßnahmen gegen Belästigung
Ein weiterer kritischer Punkt in den Vorwürfen ist die Behandlung des Falls der Ankleiderin, die sich nach ihrem ersten Gespräch mit der Theaterleitung nicht sicher fühlte, zurückzukehren. Dies wird als mangelhafte Unterstützung seitens der Theaterdirektion verstanden. Der Vorfall wurde nach einer internen Diskussion nicht ausreichend verfolgt, und die Ankleiderin fand sich erneut in einer belastenden Situation, als sie wieder mit dem Täter arbeiten musste. Hochgradige psychische Belastungen führten letztlich dazu, dass sie das Theater im Sommer 2021 verließ.
Zudem wurde ein Verhaltenskodex für das Theater angestrebt, der jedoch nie von der Direktion offiziell unterschrieben wurde. Zeugen berichten, dass Föttinger den Kodex als „lächerlich“ abtat und seine Ablehnung, sich an solcherlei Regelungen zu beteiligen, weitreichende Bedenken aufwarf.
Das Theater hat mittlerweile Maßnahmen zur Aufarbeitung der Vorwürfe angekündigt. Obwohl Föttinger entschuldigte, dass seine Emotionen während der Arbeit gelegentlich überhandnehmen, bleibt die Frage, inwiefern sich die Institution grundlegend ändern wird. Ein Statement von Thomas Drozda, dem Vorstandsvorsitzenden der Theater in der Josefstadt-Privatstiftung, hebt hervor, dass die Vorwürfe ernst genommen werden. Dennoch zeigt eine erste juristische Prüfung, dass kein strafrechtlich relevanter Vorwurf vorliege.
Die Entwicklungen rund um das Theater in der Josefstadt sind ein deutlicher Hinweis, dass selbst in angesehenen Kultureinrichtungen wie diesen nicht immer ein respektvolles und sicheres Arbeitsumfeld herrscht. Die kommenden Monate werden zeigen, wie das Theater auf die Vorwürfe reagiert und ob nachhaltige Veränderungen eingeleitet werden können, um ein Arbeitsklima zu schaffen, das alle Mitarbeiter gleichwertig respektiert und schützt.