Wien-Josefstadt

Drama ohne Urteil: Wer spricht die Wahrheit in Sie sagt. Er sagt ?

Drama im Gerichtssaal: Eine erfolgreiche TV-Moderatorin bezichtigt ihren Ex-Geliebten der Vergewaltigung, während der Fall in den Kammerspielen des Theaters in der Josefstadt für Wirbel sorgt!

Im dramatischen Werk „Sie sagt. Er sagt.“ von Ferdinand von Schirach wird eine emotionale Reise durch die Tiefen des Rechtssystems und die Komplexität von menschlichen Beziehungen erlebbar. Dieses Stück zeigt, wie wichtig es ist, die Perspektiven beider Seiten zu betrachten, wenn es um schwerwiegende Vorwürfe wie Vergewaltigung geht. Anders als in früheren Arbeiten von Schirach, wo das Publikum über Schuld oder Unschuld entscheiden konnte, bleibt bei diesem Drama das Urteil aus – ein cleverer Schachzug des Autors.

In diesem Stück, das in den Kammerspielen des Theaters in der Josefstadt Premiere feierte, wird das Geschehen von der Regisseurin Sandra Cervik in einem minimalistischen, aber eindringlichen Gerichtssetting inszeniert. Das Bühnenbild des Szenografen Walter Vogelweider besticht durch seine schlichte Anordnung, die die Zuschauer in die schwerwiegenden Themen des Stücks hineinzieht und eine Atmosphäre schafft, die sowohl nüchtern als auch intensiv ist.

Der Konflikt zwischen Zeugen und Beweisen

Die Handlung dreht sich um die TV-Moderatorin Katharina Schlüter, die ihren Ex-Geliebten Christian Thiede beschuldigt, sie vergewaltigt zu haben. Die Darstellerin Silvia Meisterle verkörpert diese Rolle mit einer eindrucksvollen Mischung aus Verletzlichkeit und Entschlossenheit. Ihre lebendig geschilderte Affäre sowie die Trennung von Thiede wirken zunächst harmonisch, doch der Konflikt eskaliert, als sie nach einem zufälligen Treffen mit ihm in seine Wohnung geht und die Kontrolle über die Situation verliert. Diese Wendung hinterfragt den Begriff der Zustimmung und wirft essentielle Fragen über Macht und Verletzbarkeit auf.

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Bei der Verhandlung wird die Moderatorin sowohl von der Anklage als auch von der Verteidigung befragt. Die Anwältin des Angeklagten, Martina Stilp, bringt geschickt Zweifel an Schlüters Darstellung hervor. Stolpersteine wie das lange Zögern, eine Anzeige zu erstatten, und die Frage nach möglichen Rachemotiven stehen im Raum. „Warum haben Sie erst nach drei Tagen die Polizei kontaktiert?“, fragt sie, während sie Schlüters Anklage als möglicherweise unbegründet darstellt. Dies gelingt ihm auf eine Weise, die nicht nur die Fragen der Glaubwürdigkeit, sondern auch die sozialen und psychologischen Folgen von solchen Vorwürfen thematisiert.

Der Prozess zeigt jedoch auch die Schwierigkeiten, die mit der Beweiserhebung in Sexualstraftaten verbunden sind. Die Rechtsmedizinerin und die Kriminalkommissarin bringen einzeln ihre Expertisen vor, wobei ihre Erklärungen verdeutlichen, dass nur ein kleiner Prozentsatz der Vergewaltigungsfälle angezeigt wird. Diese Informationen werfen ein grelles Licht auf die gesellschaftliche Stigmatisierung und die Herausforderungen, denen sich Opfer gegenübersehen, wenn sie entscheiden, ihre traumatischen Erfahrungen öffentlich zu machen.

Der Angeklagte, gespielt von Herbert Föttinger, bleibt während der ersten Hälfte des Stücks stumm, was die Spannung erhöht. Doch als er schließlich beschließt, sich zu äußern, wird das Geschehen von einer neuen Perspektive beleuchtet, die den bisherigen Verlauf der Erzählung auf den Kopf stellt. Seine Schilderungen scheinen zunächst empathisch, bringen jedoch auch Fragen über die Beziehung zwischen den beiden und den tatsächlichen Verlauf der Ereignisse in den Vordergrund.

Das Stück endet ohne endgültiges Urteil oder klare Antwort und zwingt das Publikum dazu, eigene Überlegungen anzustellen. Schirachs geschickte Dramaturgie, die den Konflikt zwischen Menschlichkeit und der Härte des Gesetzes auslotet, offenbart das Dilemma, mit dem ihre Charaktere konfrontiert sind. Dies führt zu anhaltendem Applaus und nährt die Gespräche im Foyer über die Wahrheit, das Vertrauen und die Schwierigkeiten des Glaubens.

Die Uraufführung kam am 8. September und wird an mehreren weiteren Terminen aufgeführt. Die besetzten Rollen, darunter auch Ulli Maier als Vorsitzende Richterin, erweitern die emotionalen Ebenen des Stücks und fesseln die Zuschauer in einem Netz aus Komplexität und Ungewissheit.

Quelle/Referenz
news.at

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