Eine spannende Sammlung von Erinnerungen an das Wiener Nachtleben der 80er und 90er Jahre wurde kürzlich veröffentlicht. Der Band, herausgegeben von Vanessa Wieser, trägt den Titel „Branntweiner, Blue Box und Bermuda Dreieck. Unterwegs im Wien der 80er und 90er“ und bietet auf 204 Seiten einen faszinierenden Einblick in die damalige Zeit. Diese Textsammlung beleuchtet nicht nur die kulturelle Vielfalt der Künstlerinnen und Künstler, die zur Musikszene der Donaumetropole maßgeblich beitrugen, sondern auch die persönlichen Erlebnisse dieser Generation.
Wieser beschreibt das Buch als eine „in wehmütigen Erinnerungen schwelgende“ Annäherung, die sowohl jüngeren Lesern als auch älteren Generationen eine gemeinsame Nostalgie bietet. Ein wichtiger Aspekt dieser Sammlungen sind die Berichte über lokale Szenetreffpunkte, die viele der verfassten Erinnerungen miteinander verbinden. Insbesondere die Kultdisco U4 sticht hervor, wo man oft beim legendären Türsteher Conny vorbeigelassen wurde und die Möglichkeit hatte, mit etwas Glück auch einmal Falco zu sehen.
Die Atmosphäre und die Orte der Erinnerungen
Die Autoren und Autorinnen, die überwiegend aus der Musikszene stammen, schildern ein vielfältiges Bild von Wien. Auch für jene, die in der Stadt aufgewachsen sind, waren die Abende in den wertvollen Clubs wie dem Chelsea und der Blue Box prägend. Die Berichte verdeutlichen ein gemeinsames Gefühl der Freiheit: Viele von ihnen, die aus den Bundesländern nach Wien zogen, erlebten eine neue Lebensweise, als sie fernab vom elterlichen Einfluss ihren eigenen Wünschen nachgehen konnten.
Es wird jedoch auch auf die Gegensätze hingewiesen; während einige die Stadt als lebhaft und voll von Möglichkeiten erlebten, war sie für andere oft auch recht langsam und graufärbig, zumindest in ihren ersten Eindrücken. Das zeigt sich beispielsweise an den Entbehrungen – von den Schlagerabenden bis zu den unzähligen Entdeckungen, die gemacht wurden. Denjenigen, die in Wien heranwuchsen, fiel es oftmals schwerer, in die lebendige Clubszene einzutauchen, da sie mit einem klaren Bild von „ihrem“ Wien aufgewachsen sind.
Ein weiteres zentrales Element sind die Auftritte nationaler und internationaler Bands. Die Stadt war zu dieser Zeit ein Hotspot für neue Klänge aus dem Ausland, und man konnte eine Vielzahl von Gruppen live erleben, darunter Größen wie Nick Cave, The Cure und Nirvana. Auch die lokale Musikszene blühte auf und vernetzte sich mit den Strömungen von Postpunk, New Wave und Gothic.
Die Erinnerungen an die verschiedenen Kultlokale spiegeln das Lebensgefühl dieser Zeit wider. Neben der oft erwähnten Meidlinger Disco U4 werden weitere wichtige Treffpunkte wie das Anzengruber, das Amerlingbeisl und das Café Europa erwähnt. Häufig kommen auch die damals beliebten Plattenläden zur Sprache, wie das Why Not und Rave Up, die für viele von uns ein unverzichtbarer Teil der Jugend waren.
Ein spannender Aspekt, der in dieser Sammlung behandelt wird, sind die so genannten Branntweinstuben, oft auch als „Brandinesa“ bekannt. Diese Lokale waren als Rückzugsorte bekannt, in denen die Autoren so manche lange Nacht ausklingen ließen. In einem amüsanten Kontrast stehen die schickeren Lokalitäten des Bermuda Dreiecks, die in der Erzählung nur am Rande erwähnt werden, da viele der Schreiber diesen Ort nie besucht haben und ihn lediglich für den Titel einfließen ließen.
Interessierte, die mehr über die kulturellen Einflüsse und die persönliche Perspektive der damaligen Zeit erfahren möchten, können den Band im Milena-Verlag erwerben. Der Preis von 24 Euro für das Buch ist mehr als gerechtfertigt, wenn man bedenkt, dass es eine lebendige Chronik einer aufregenden Ära bietet. Für weitere Informationen dazu gibt der Bericht auf k.at.