Im Wiener Metropol, einem Ort, der für die Grünen sowohl Erfolg als auch Misserfolg symbolisiert, steuert die Partei in eine ungewisse Zukunft. Nachdem sie 2017 mit einem katastrophalen Ergebnis von 3,8 Prozent aus dem Nationalrat geflogen waren, sorgte ein sprunghafter Anstieg auf 13,9 Prozent im Jahr 2019 für Jubel und die erste Koalition im Bund. Doch heute steht die Partei mit ihrem Spitzenkandidaten Werner Kogler erneut unter Druck, da sie in Umfragen lediglich bei etwa 10 Prozent rangiert und um den zweiten Platz mit den Neos kämpft.
Ein Hoffnungsschimmer könnte der „Hochwasser-Effekt“ sein, ausgelöst durch die jüngsten Überflutungen im Osten Österreichs. Diese Ereignisse haben das Thema Klimaschutz, welches für die Grünen im gesamten Wahlkampf von zentraler Bedeutung war, ins Rampenlicht gerückt. Die Erfolge der letzten Legislaturperiode, darunter die ökosoziale Steuerreform und das Klimaticket, wurden jedoch nur nebensächlich erwähnt, was die Partei – trotz ihrer Errungenschaften – weiterhin in ein kritisches Licht rückt.
Entschlossenheit und die Rolle von Gewessler
Die Grünen kämpfen mit einer festen Bereitschaft, auch in Zukunft zu regieren, auch wenn gleichzeitig Zweifel an dieser Fähigkeit bestehen. Vor allem der Einfluss von Leonore Gewessler, die als unverzichtbare Figur gilt, spielt eine entscheidende Rolle. Die Klimaministerin hat sich als starke Verfechterin des EU-Renaturierungsgesetzes hervorgetan, erhält aber auch viel Gegenwind von der ÖVP, deren Kanzler Karl Nehammer sie für eine neue Regierungskoalition bereits ausgeschlossen hat.
Kogler hingegen hält Gewessler für unentbehrlich, was die interne Dynamik der Grünen weiter verstärkt. Im Falle eines schlechten Wahlergebnisses, das unter 10 Prozent liegen könnte, könnten interne Debatten und Machtkämpfe um die Führungspositionen entbrennen – Gewessler wird bereits länger als mögliche Nachfolgerin Koglers gehandelt. Diese Zukunftsängste und Unsicherheiten stehen vor den Grünen, während sie sich auf den Wahlgang vorbereiten.
Zusätzlich gibt es Bedenken, dass die Grünen im österreichischen Kontext ähnliche Entwicklungen durchlaufen könnten wie ihre deutschen Kollegen, die seit 2021 eine Ampelkoalition mit der SPD und der FDP bilden. Schlechte Umfrageergebnisse und ein Vertrauensverlust an der Basis hinterlassen auch in Deutschland ihre Spuren, was zu Rücktritten und Abspaltungen innerhalb der Partei führte.
Die Grünen sind sich der kritischen Lage bewusst und müssen nun überlegen, wie sie die nächste Phase gestalten wollen. Der heutige Wahlsonntag könnte nicht nur über ihre politische Zukunft entscheiden, sondern auch dazu beitragen, einen klareren Kurs für die kommenden Jahre festzulegen. Innerhalb der Partei ist der Druck groß, klare Antworten zu finden: Wohin geht die Reise, und wer wird das Steuer übernehmen? Ein wichtiges Treffen der grünen Gremien am Dienstag könnte erste Antworten liefern.
Österreich steht vor einer Schlüsselentscheidung, und die Erwartungen sind hoch, während die Wahlurnen nach dem Frühstück von rund 6,3 Millionen wahlberechtigten Bürgern aufgesucht wurden. Ob und wie die Grünen diesen Tag meistern können, bleibt abzuwarten. Klare Wahlen und interne Entscheidungen könnten bald entscheidend für die Zukunft der Partei sein, die einmal als ökologischer Hoffnungsträger angetreten ist.
Weitere aktuelle Informationen zu den Grünen und ihrer Lage finden sich in einem umfassenden Artikel auf kurier.at.