In der Lebensmittelausgabe der Caritas im Wiener Bezirk Favoriten kann man beobachten, wie dringend viele Menschen auf Hilfe angewiesen sind. Bettina S., eine 60-jährige Wienerin, ist eine von etwa 200 Personen, die wöchentlich an den Öffnungstagen kommen. „Ich nehm’ den Kaiserschmarrn, den mach ich mir heute“, sagt sie erfreut, während sie aus den Regalen Essig und Nudeln auswählt. Bei einer Mindestpension von nur etwa 300 Euro, nachdem alle Fixkosten abgezogen wurden, ist der Gang zur Lebensmittelausgabe für sie unerlässlich.
Insgesamt kommen an den drei wöchentlichen Öffnungstagen der Lebensmittelausgabe „Le+O“ viele Frauen. Diese Beobachtung wird durch eine Studie von Statistik Austria, die im Auftrag von Caritas durchgeführt wurde, untermauert. Die Ergebnisse zeigen ein beunruhigendes Bild: Die Armut betrifft besonders alleinerziehende Frauen, von denen mittlerweile fast 38 Prozent angeben, mit ihrem Einkommen nicht auszukommen.
Frauen und unbezahlte Care-Arbeit
Die Zahl spricht für sich: Zum Jahresende 2021 berichteten noch 19 Prozent der Alleinerzieherinnen von finanziellen Schwierigkeiten; bis zum dritten Quartal 2022 hat sich dieser Wert verdoppelt. Janina Enachescu, Projektleiterin bei Statistik Austria, erklärt, dass auch zu Beginn des Jahres 2024 noch 32 Prozent dieser Frauen in ähnlicher Lage sind. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielschichtig. Ein zentraler Aspekt ist die ungleiche Verteilung von unbezahlter Care-Arbeit, für die Frauen nach wie vor den Großteil übernehmen. Täglich leisten sie durchschnittlich etwa zwei Stunden mehr unbezahlte Arbeit als Männer.
Ein weiterer Aspekt, der zur finanziellen Belastung beiträgt, ist die Beschäftigung von Frauen in Berufen mit niedrigen Löhnen. Diese führen oft zu kleineren Pensionen und einer stärkeren Abhängigkeit von Sozialleistungen. Obendrein erschweren die steigenden Mieten und Energiepreise die Situation zusätzlich. So auch für Maha A., die mit ihrem Mann nach Österreich kam und Asyl beantragte. „Die Zeit davor war wirklich schwer. Mein Mann und ich haben in Syrien beide studiert und trotzdem sehr lange keinen Job in Österreich gefunden“, erzählt die 38-Jährige. Der Besuch der Lebensmittelausgabe ist für sie eine erste Anlaufstelle, um in ihrem neuen Leben Fuß zu fassen.
Beruf und Betreuung vereinen
Maha konnte schließlich eine Anstellung als Freizeitpädagogin in einer Volksschule finden, arbeitet jedoch im Moment nur 13 Stunden pro Woche. „Bis November werde ich wahrscheinlich Vollzeit arbeiten können“, erklärt sie, „aber nur, weil ich Unterstützung bei der Betreuung meiner Tochter bekomme.“ Diese Herausforderung, Beruf und Kinderbetreuung zu vereinbaren, stellt für viele Frauen ein ernsthaftes Problem dar. Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler fordert daher eine flächendeckende Kinderbetreuung und bessere Arbeitsbedingungen für Frauen in Teilzeitstellen.
„Die nächste Regierung sollte tunlichst nicht dort sparen, wo Investitionen aktuell am dringendsten gefordert sind: Beim sozialen Zusammenhalt in unserem Land“, appelliert Tödtling-Musenbichler. Ein Blick auf die aktuelle Lage macht deutlich, dass Frauen besonders stark von den finanziellen Auswirkungen der gegenwärtigen wirtschaftlichen Entwicklungen betroffen sind. Mehr Informationen zu diesem Thema sind in einem Bericht auf kurier.at zu finden.
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