In der Donaustadt in Wien gibt es derzeit einen scharfen Streit um den Lärm, der von der beliebten Konzertlocation Metastadt ausgeht. Diese Freiluftbühne hat sich in den letzten Jahren in der Dr.-Otto-Neurath-Gasse zu einem Anziehungspunkt für Musikliebhaber entwickelt und zieht mit ihrem vielseitigen Programm Tausende von Fans an. Doch die musikalischen Veranstaltungen stehen nun auf der Kippe, denn Anwohner beschweren sich über den störenden Lärm.
Die Metastadt bietet Platz für bis zu 8.100 Besucher und hat seit ihrer Eröffnung im Jahr 2019, mit Unterbrechungen durch die Coronapandemie, zahlreiche Konzerte aus verschiedenen Musikgenres veranstaltet. In diesem Sommer fanden allein im Juli sieben Konzerte statt, darunter Auftritte von bekannten Künstlern wie Patti Smith und Korn. Die Stadt Wien hat nun jedoch auf die massiven Beschwerden reagiert und erwägt, eine Sperrstunde um 22 Uhr einzuführen, was für die Veranstalter erhebliche Probleme mit sich bringen würde.
Anwohner äußern ihre Sorgen
Die Beschwerden der Anwohner sind nicht zu überhören. Laut der Magistratsabteilung 36, die für Veranstaltungen zuständig ist, gab es eine Vielzahl von Lärmmeldungen, die als „massiv“ beschrieben werden. Die gesetzlichen Lärmgrenzen in urbanen Gebieten sind tagsüber bei 60 Dezibel und nachts, ab 22 Uhr, bei 45 Dezibel festgelegt. Diese Werte sind vergleichbar mit dem Geräuschpegel eines fahrenden Autos oder mittellauten Gesprächen. Rund 200 Meter entfernt von der Metastadt befinden sich große Wohnsiedlungen, in denen viele Menschen leben.
Die Rückmeldungen der Anwohner sind unterschiedlich. Während einige die Konzerte als erträglich empfinden und sich eher über Parkplätze beschweren, gibt es auch Stimmen, die den Lärm als störend empfinden. Eine pensionierte Dame merkte an: „Dieses Bum Bum ist schon unangenehm.“ Hier prallen die Meinungen aufeinander, was eine Herausforderung für die Kommunikations- und Lärmpolitik der Stadt darstellt.
Der Geschäftsführer von Arcadia Live, Filip Potocki, äußerte Bedenken hinsichtlich der Künstlerakquise, falls die Sperrstunde tatsächlich eingeführt wird. Viele weitere Veranstaltungen hängen von den Lichtverhältnissen und der Atmosphäre ab, die nur nach Einbruch der Dunkelheit richtig zur Geltung kommen. Potocki und sein Team haben bereits viele Reservierungen für die kommende Saison in Aussicht, die nun in Frage stehen.
Eine mögliche Lösung in Sicht?
Trotz der angespannten Situation scheint es Licht am Ende des Tunnels zu geben. Potocki hat Ende August einen Gesprächstermin mit Vertreter:innen der Stadt Wien vereinbart, um die Problematik zu besprechen und mögliche Lösungen zu finden. Dabei könnte ein Dialog entstehen, der sowohl den Anliegen der Nachbarn als auch den Bedürfnissen der Musiker gerecht wird. Denn die Metastadt ist für viele ein kulturelles Highlight in der Donaustadt, das nicht so einfach aufgegeben werden sollte.
Die Herausforderungen rund um den Lärm der Metastadt stehen sinnbildlich für einen größeren Trend in städtischen Gebieten, wo zunehmend Konflikte zwischen der Lebensqualität der Anwohner und dem Wunsch nach kulturellen Veranstaltungen entstehen. Die Stadt Wien sieht sich vor die Aufgabe gestellt, die Interessen der Musikliebhaber zu wahren und gleichzeitig die Bedürfnisse der Bürger:innen zu respektieren.
Der permanente Balanceakt
Wie in vielen Städten, ist der Balanceakt zwischen Kultur und Ruhe in Wien ein alltägliches Thema. Die Diskussion um Lärmschutz und Veranstaltungen spiegelt die Herausforderungen wider, die die Urbanisierung mit sich bringt. Der Ausgang dieser Situation könnte wegweisend für zukünftige Veranstaltungen in der Donaustadt sein und Auswirkungen auf die Planung ähnlicher Open-Air-Veranstaltungen im gesamten Stadtgebiet haben.
Entwicklung der Konzertkultur in Wien
Die Konzertkultur in Wien hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich entwickelt. Mit einer Tradition von klassischer Musik, die in der Stadt tief verwurzelt ist, hat sich auch die Popularität von Open-Air-Veranstaltungen und modernen Musikgenres stark erhöht. Diese Entwicklung wird durch zahlreiche Veranstaltungsorte unterstützt, die wachsende Publikumsmengen anziehen.
In den letzten Jahren sind nicht nur klassische Konzerte, sondern auch Genres wie Rock, Pop, und elektronische Musik beliebter geworden. Veranstaltungsorte wie die Metastadt und die Arena haben dazu beigetragen, alternative Musikveranstaltungen in den öffentlichen Raum zu bringen, was eine Diversifizierung des kulturellen Angebots bedeutet. Die Stadt hat auf diese Nachfrage mit der Bereitstellung geeigneter Infrastruktur und Genehmigungen reagiert, jedoch immer unter dem Druck der Anrainer und deren Lärmschutzbedenken.
Lärmschutzbestimmungen und deren Einfluss auf Veranstalter
Die gesetzlichen Lärmschutzbestimmungen in Wien sind seit Jahren strengen Regulierungen unterworfen. Diese Regelungen legen fest, dass während der Nachtzeiten eine maximale Lautstärke von 45 Dezibel nicht überschritten werden darf. Die Einhaltung dieser Bestimmungen kann für Veranstalter eine Herausforderung darstellen, insbesondere wenn sie große Künstler anziehen wollen, die oft nach Einbruch der Dunkelheit auftreten möchten. Die Erfahrung aus anderen Städten zeigt, dass eine konsequente Umsetzung solcher Bestimmungen häufig zu einem Rückgang der Anzahl von Veranstaltungen führen kann.
In der Vergangenheit gab es bereits ähnliche Auseinandersetzungen: Die Diskussionen um Lärmbelästigung in der Nähe von Musikveranstaltungen sind nicht neu. Die Stadt Wien muss einen Ausgleich zwischen den Interessen der Anrainer und den Veranstaltern finden, wobei der Erhalt der kulturellen Vielfalt und der Schutz der Anwohner Priorität hat. Der Umgang mit Beschwerden über Lärm ist ein sensibles Thema, das Potenzial hat, die kulturelle Landschaft nachhaltig zu beeinflussen.
Aktuelle Daten zur Konzertbesucherschaft und Veranstaltungshäufigkeit
Laut dem Austrian Music Export lag die Anzahl der Konzertbesucher in Österreich vor der COVID-19-Pandemie bei rund 10 Millionen jährlich. Die Zeit nach der Pandemie zeigt einen allmählichen Rückkehrprozess, wobei digitale Veranstaltungen eine Neuheit waren, die das Publikum an die online Erfahrung gewöhnt hat. Die Veranstaltungszahlen, wie die von Arcadia Live in der Metastadt, sind ein Indikator für die aktuelle Entwicklung und zeigen, dass trotz der Herausforderungen durch Anrainerbeschwerden das Interesse an Live-Veranstaltungen ungebrochen zu sein scheint.
Ein weiterer Aspekt, den Veranstalter berücksichtigen müssen, ist die demografische Veränderung des Publikums. Ein großer Teil der Konzertbesucher besteht aus jüngeren Generationen, die eine ausgeprägte Vorliebe für Festivals und Open-Air-Konzepte haben. Diese Verschiebung hat nicht nur Auswirkungen auf die Art der Veranstaltungen, sondern auch auf deren Planung und Durchführung.