Der Bezirk Favoriten in Wien, der am 27. September 1874 aus Teilen der früheren Bezirke gegründet wurde, feiert das 150-jährige Bestehen. Die Feierlichkeiten, die bereits im Frühjahr begonnen haben, finden ihren Höhepunkt im Festival „Favorite Fall“, das bis Samstag dauert. Der Bezirk, der seinen Namen von dem Schloss Favorita ableitet, räumt auch mit einigen Vorurteilen auf, die ihm anhängen. Trotz seiner großartigen historischen und kulturellen Aspekte hat Favoriten in der Vergangenheit mit einem negativen Image zu kämpfen gehabt.
In einer kürzlichen Umfrage erhielt Favoriten das schlechteste Image aller Wiener Bezirke, was zum Teil auf die Gewalt an öffentlichen Orten wie dem Reumannplatz und der Einführung einer Waffenverbotszone zurückzuführen ist. Dennoch hat der Bezirk auch viel Positives zu bieten und zeigt sich als ein äußerst lebendiger und vielseitiger Stadtteil.
Einwohnerzahl und Vielfalt
Mit etwa 220.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist Favoriten der bevölkerungsreichste Bezirk Wiens, obwohl er kürzlich von der Donaustadt überholt wurde. Die Bevölkerung setzt sich aus einer Vielzahl von Kulturen zusammen, was die Dynamik und Lebensart des Bezirks stark prägt. Stadtforscher beschreiben Favoriten als ein schillerndes Mischung aus alten Gründerzeithäusern, modernen Wohnanlagen und ländlichen Strukturen, insbesondere in den südlichen Stadtteilen.
Die großzügigen Wohnanlagen und Kleingartensiedlungen bilden einen Kontrast zur urbanen Hektik und machen Favoriten zu einem interessanten Lebensraum. Das soziale Gefüge ist vielschichtig, was durch den hohen Anteil an Zuwanderern und den vielfältigen Wohnformen geprägt ist. Tatsächlich lag der Anteil der ausländischen Bevölkerung im Jahr 2021 bei rund 42 Prozent.
Geschichtliche Wurzeln und Industrie
Die Geschichte Favoritens ist tief verwurzelt in der Industrie, insbesondere in der Ziegelproduktion. Die erste staatliche Ziegelei wurde 1775 erbaut und entwickelte sich unter dem Mährer Alois Miesbach zur größten Ziegelfabrik Europas. Diese industriellen Anfänge führten zur Errichtung zahlreicher billiger „Zinskasernen“, die viele Arbeiter unterstützen sollten. Die schwierigen Lebensbedingungen trugen auch zur Gründung der SPÖ bei, da viele Arbeiter für bessere Lebensverhältnisse kämpften.
Zuvor, in den 1920er Jahren, kamen die ersten Gemeindebauten nach Favoriten, die bis heute einen erheblichen Teil des Wohnraums ausmachen. Der Bezirk verfügt über die meisten Gemeindebauwohnungen in Wien, was schnell zu einer bedeutenden Wohnform für viele Menschen wurde. Aktuell gibt es rund 27.800 Wohnungen in diesem Modell, die etwa 50.000 Menschen beherbergen.
Entwicklung und Wandel
Die letzten Jahre haben sich die Landschaft und Bevölkerung von Favoriten stark verändert. Neue Bauprojekte und Stadtentwicklungsgebiete beleben das Areal. Besonders das Sonnwendviertel, das gerade am neuen Hauptbahnhof entstanden ist, wird als neue Visitenkarte des Bezirks angesehen. Diese Veränderungen sind nicht nur ein Hinweis auf die Entwicklung der Stadt, sondern auch eine Antwort auf den steigenden Wohnraumbedarf in Wien. Die aktuellen Projekte sind darauf ausgelegt, verschiedenen Wohnbedürfnissen gerecht zu werden, wobei sowohl geförderter als auch frei finanziierter Wohnbau angeboten wird.
Dennoch stehen neue Quartiere in der Kritik, da sie in vielen Fällen als „Schlafstädte“ wahrgenommen werden. Es gibt jedoch Bestrebungen, eine bessere Mischung aus Wohn- und Gewerbeeinheiten zu schaffen, um das Ort lebendiger zu gestalten. Die Herausforderungen der Infrastruktur sind ebenfalls ein wiederkehrendes Thema, da der Bedarf an Schulen und weiteren Einrichtungen wächst.
Ein Raum für Innovation und Vielfalt
Favoriten zeigt sich also als ein Bezirk der Widersprüche. Einerseits ist er als sozialer Brennpunkt bekannt, mit den damit verbundenen Problemen wie Kriminalität und Armut. Andererseits ist er ein Ort der kulturellen Vielfalt und urbanen Innovationen. Kunst und eine lebendige Gastronomieszene prägen das Bild, mit beliebten Einrichtungen wie dem Viktor-Adler-Markt und dem Kult-Döner „Ferhat Döner“ in der Favoritenstraße.
Ein markanter Punkt in der Verkehrsanbindung ist die U-Bahn, die 1978 eröffnet wurde und sich seitdem stetig weiterentwickelt hat. Die Favoritenstraße wurde frühzeitig zur Fußgängerzone erklärt und ist heute ein beliebter Ort für Shopping und Freizeit. Die Infrastruktur hat sich mit dem wachsenden Lebensraum Schritt für Schritt angepasst, was zur Renaissance des Bezirks beiträgt.
Für weitere Informationen zu dieser Thematik, und um die tiefen Wurzeln und die Errungenschaften des Bezirks Favoriten besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf den Artikel von orf.at.