Die Lobau, ein faszinierendes Überbleibsel eines einst weitläufigen Auwaldes, hat in den vergangenen Jahrzehnten erheblichen Veränderungen und Beeinträchtigungen durch menschliche Eingriffe erfahren. Diese Region, die aus den dynamischen Strömungen der Donau hervorgegangen ist, musste sich zahlreichen Hochwasserschutzmaßnahmen und baulichen Projekten, wie einem Tanklager und einer Müllverbrennungsanlage, anpassen. Trotz dieser Herausforderungen bietet die Lobau weiterhin eine Heimat für eine Vielfalt an Pflanzen und Tieren. Deshalb ist das Gebiet auch in mehreren Naturschutzkategorien eingestuft, darunter als Teil des Wiener Naturschutzgebiets und als „Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung“.
In den letzten Jahren gab es zwar ehrgeizige Pläne seitens des Wiener Magistrats, die Wasserwege der Lobau miteinander zu vernetzen, um ihre ökologische Vielfalt zu fördern. Diese Projekte wurden finanziell gesichert und von vielen politischen Akteuren unterstützt. Doch trotz dieser Prognosen bleibt der tatsächliche Fortschritt in der Umsetzung aus. Selbst der Zugang von Wasser aus der Alten und Neuen Donau, der für das Überleben des Auwaldes von grundlegender Bedeutung ist, scheint nur sporadisch und in geringem Umfang verwirklicht zu werden.
Wasserknappheit und ihre Folgen
Jährlich verliert die Lobau bis zu 3,5 % ihrer Wasserflächen. Besonders alarmierend war die Situation in der Oberen Lobau zwischen 2017 und 2020, wo die Austrocknung einen kritischen Punkt erreichte. Trotz zahlreicher Proteste von Umweltschützern wurden erst im Sommer 2021, nach einer Eintiefung der Hochpunkte, begrenzte Wassermengen in das Ökosystem gepumpt. Diese Maßnahmen waren jedoch nur kurzfristige Lösungen. Die Untere Lobau blieb von diesen Wasserzuflüssen unberührt und verlandet zunehmend.
2023 wurde schließlich eine neue Wehranlage fertiggestellt, die medienwirksam als ein Fortschritt im Naturschutz angepriesen wurde. Die Hoffnung war groß, dass sie nun genügend Wasser in die Lobau transportieren könnte. Doch die Realität sieht anders aus. Die Wehre wurden kaum geöffnet, und die Wasserstände der Oberen Lobau erreichen erneut alarmierende Tiefststände. Durch die fehlende Durchströmung wird auch die Untere Lobau weiter geschädigt und kann sich nicht erholen.
Bedrohung der Biodiversität
Die Auswirkungen der Wassermangel-Situation sind bereits eindeutig zu erkennen. Zahlreiche Tier- und Pflanzenarten sind in der Lobau verloren gegangen, während invasive Arten zunehmen. Insbesondere die Bestände an Libellen, Schnecken und Flussmuscheln sind drastisch zurückgegangen. Eine zurückgehende Fischfauna könnte ebenfalls eine Rolle beim Verschwinden der Muscheln spielen, da deren Larven eine spezielle Fischart für ihre Entwicklung benötigen. Die Artenvielfalt leidet, und einige Tierarten, wie die Seeadler, brüten nicht mehr in der Region.
Der Zustand der Lobau ist so besorgniserregend, dass Experten Maßnahmen im Rahmen des EU-Renaturierungsgesetzes fordern. Diese sollen darauf abzielen, das beschädigte Ökosystem wiederzuherstellen. Eine Öffnung der Unteren Lobau zur Donau könnte einer der Schlüssel zur Regeneration sein, da diese Maßnahme nicht nur der Artenvielfalt zugutekommen, sondern auch den Hochwasserschutz in Starkregenzeiten verbessern könnte.
Trotz der vielversprechenden Möglichkeiten scheint die Wiener Verwaltung jedoch zu zögern. Verantwortlich für diese Situation sind zahlreiche Abteilungen des Wiener Magistrats, welche sich an der Problematik abarbeiten sollten, um gemeinsam Lösungen zu finden. Ein kraftvolles, zielgerichtetes Handeln wäre notwendig, um der Lobau eine Perspektive und ein nachhaltiges Überleben zu garantieren.