Der tragische Mord an der neunjährigen Anna Pum im Jahr 1923 hinterließ eine dunkle Spur in der Geschichte Wiens. Dieses Verbrechen, das nicht nur die Bewohner der Stadt schockierte, sondern auch tiefgreifende Fragen über Kinderschutz und familiäre Gewalt aufwarf, bleibt bis heute in Erinnerung. Ein Jahr nach dem Vorfall wurde Anna Pum ein Denkmal am Zentralfriedhof gewidmet, um ihr Schicksal zu würdigen und das Bewusstsein für den Schutz von Kindern zu schärfen.
Das Geschehen im Detail
Am 24. Oktober 1923 entfaltete sich in einem Wohnhaus in der Edelhofgasse 5 im 18. Bezirk ein grausames Verbrechen. Die 64-jährige Elisabeth Kaspar, Lebensgefährtin des Vaters von Anna, erschien aufgeregt in einem Wachzimmer der Polizei. Blutflecken auf ihrer Schürze deuteten auf eine Schreckensnacht hin. Bei den Ermittlungen entdeckten die Beamtinnen und Beamten das verstümmelte Kind – Anna lag mit einem erschütterten Hinterkopf und schweren Verletzungen in der Küche.
Der Verdacht gegen Elisabeth Kaspar
Schnell rückte die Hausbesorgerin in den Fokus der Ermittlungen. Nachbarn berichteten von einem schlechten Umgang mit der Neunjährigen. Diese Aussage sowie die Tatsache, dass der Vater Johann Pum seiner Tochter nicht genug Schutz gewährte, sorgten für gesundes Misstrauen. Anna war in ihrer Schule als „brav, wenn auch vernachlässigt“ bekannt und hatte sich beim Vater über schlechte Behandlung beschwert, doch Veränderungen blieben aus.
Ein Geständnis und die Folgen
Die Wende im Fall kam während der Gerichtsverhandlung am 25. und 26. Januar 1924. Elisabeth Kaspar gestand den Mord und nannte Zorn über die „Keckheit und Unfolgsamkeit“ des Kindes als Motiv. Zudem offenbarte sich, dass die Lebensgefährtin möglicherweise auch Interessenskonflikte hatte, da sie auf die Position als Hausbesorgerin aus war, die der Vater innehatte. So verkörperte Anna laut einem psychiatrischen Gutachten ein Hindernis, das Hass bei Kaspar hervorrief.
Das Urteil und das Denkmal
Das Geschworenengericht kam zu dem Urteil, dass Kaspar schuldig war, obwohl die Unzurechnungsfähigkeit ausgeschlossen wurde. So wurde sie zu acht Jahren schwerem Kerker verurteilt. Parallel zu diesem Schock schwang das Schicksal Anas, die in den Berichten der Zeitungen und den Herzen der Wiener Platz fand. Die Unbekanntheit ihrer Grabstätte war für die Öffentlichkeit nicht akzeptabel. Bürgermeister Karl Seitz entschloss sich daher, der Kleinen ein Denkmal zu widmen und sorgte für die Finanzierung.
Ein längst überfälliges Zeichen setzen
Das Denkmal wurde am 3. August 1924 enthüllt und zielt darauf ab, das Schicksal des Mädchens ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Der Bürgermeister äußerte sich dazu und betonte die Notwendigkeit, auf die Themen Kinderschutz und Gewaltprävention aufmerksam zu machen. Die Ansprache des Bürgermeisters an diesem Tag mündete in den Worten: „Bis daher ist’s eine mit tragischen Momenten durchsetzte Elendsgeschichte, die sich überall ereignet haben könnte. Aber nun wird es eine Wiener Geschichte.“
Bleibende Erinnerungen und Verantwortung
Der Fall von Anna Pum und das darauf folgende Denkmal unterstreichen die Verpflichtung der Gesellschaft, sich für den Schutz von Kindern starkzumachen und gegen Missbrauch vorzugehen. Der Fall hat nicht nur die Herzen der Wiener berührt, sondern auch Impulse für eine breitere gesellschaftliche Diskussion über Gewaltschutz und familiäre Verantwortung geschaffen. In jedem Ort sollte Kindeswohl an erster Stelle stehen, denn kein Kind sollte je den gleichen Schmerz erleiden müssen, den Anna erlitten hat.