Hass im Netz: ÖAW sieht in Sozialen Medien Gefahr für Demokratie in Österreich
Plattformen wie TikTok, Instagram, Facebook und Co. sind heute ein fester Bestandteil unseres Alltags und haben sich zu einem dominierenden Faktor in der Meinungsbildung entwickelt. Spätestens seit dem Datenskandal um Facebook und Cambridge Analytica im Jahr 2018 ist bekannt, dass soziale Medien aktiv zur Manipulation von Meinungen genutzt werden und politisch motivierte Akteure dies gezielt tun. Eine neue Stellungnahme der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) analysiert die Potenziale und Probleme von Social Media für die Demokratie und leitet Empfehlungen für die Politik ab. Die ÖAW empfiehlt unter anderem einen „Digitalen Ordnungsruf“ und einen eigenen Ethikrat für politische Werbung auf Social Media.
Die Forscher der ÖAW verstehen unter sozialen Medien Online-Plattformen, deren Geschäftsmodell auf personalisierter Werbung und Datenanalyse basiert. Die Algorithmen dieser Plattformen optimieren die Wirtschaftlichkeit, wodurch Meinungsvielfalt und Faktentreue in den Hintergrund geraten. Besonders problematisch ist dies, da soziale Medien vor allem für jüngere Menschen zur Hauptnachrichtenquelle geworden sind. Analysen des Nutzungsverhaltens zeigen jedoch, dass nur etwa 22 Prozent der User aktiv posten. Besonders häufig werden dabei negative, emotionale und polarisierende Inhalte verbreitet, was zu einer hochpolitisierten Diskussion führt, die von nicht repräsentativen, aber lauten Minderheiten dominiert wird.
Die Auswirkungen von sozialen Medien auf die Demokratie in Österreich sind negativ, da das Vertrauen in die Politik abnimmt und Populismus sowie Polarisierung zunehmen. Für Autokratien und sich entwickelnde Demokratien können soziale Medien hingegen positive Auswirkungen haben, da sie Teilhabe, Transparenz und Information ermöglichen.
Die ÖAW leitet aus ihrer Stellungnahme sechs Empfehlungen für die politischen Entscheidungsträger in Österreich ab. Diese sollen die demokratischen Grundprinzipien im Zusammenspiel mit sozialen Medien stärken. Dazu gehört unter anderem die Einführung eines Verhaltenskodexes für Abgeordnete im Nationalrat, der eine selbstregulierende Funktion haben soll. Zudem wird die Einrichtung eines Ethikrats für politische Werbung und Public Relations in sozialen Medien vorgeschlagen. Des Weiteren empfiehlt die ÖAW regelmäßige Monitoring-Maßnahmen, um Inhalte, Nutzungsverhalten und Reichweiten der politischen Kommunikation zu erfassen. Eine Reform der Medienförderung und Inseratenvergabe wird als weitere Maßnahme empfohlen, um Qualitätsmedien als „Gatekeeper“ im öffentlichen Diskurs zu stärken. Des Weiteren sollte die demokratische Kontrolle über digitale Plattformen gestärkt werden, indem Transparenzbestimmungen für die Algorithmen gefordert werden und soziale Medien in öffentlichem Eigentum geschaffen werden, die demokratischer Kontrolle unterliegen. Zuletzt wird eine Stärkung von Medienkompetenz und demokratischer Bildung der Bevölkerung im Sinne eines lebenslangen Lernens empfohlen.
Die Stellungnahme der ÖAW wurde von einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe aus Mitgliedern und Mitarbeitenden der ÖAW aus unterschiedlichen Fachdisziplinen durchgeführt. Die Ergebnisse sollen dazu dienen, Politik und Gesellschaft unabhängig zu beraten und Handlungsoptionen aufzuzeigen.
Tabelle:
Inhalte der Stellungnahme der ÖAW:
Empfehlungen für politische Entscheidungsträger in Österreich:
– Einführung eines Verhaltenskodexes für Abgeordnete im Nationalrat
– Einrichtung eines Ethikrats für politische Werbung und Public Relations in sozialen Medien
– Regelmäßige Monitoring-Maßnahmen zur Erfassung von Inhalten, Nutzungsverhalten und Reichweiten der politischen Kommunikation
– Reform der Medienförderung und Inseratenvergabe, um Qualitätsmedien als „Gatekeeper“ im öffentlichen Diskurs zu stärken
– Stärkung der demokratischen Kontrolle über digitale Plattformen durch Transparenzbestimmungen und Schaffung öffentlich kontrollierter sozialer Medien
– Stärkung von Medienkompetenz und demokratischer Bildung der Bevölkerung im Sinne eines lebenslangen Lernens.
Quelle: Österreichische Akademie der Wissenschaften / ots