T.S. Eliot, ein Literaturnobelpreisträger, bezeichnete „Titus Andronicus“, ein blutrünstiges Historiendrama über wilde Rache im spätantiken Rom, als eines der dümmsten und uninspiriertesten Stücke, die je geschrieben wurden. Die Frage, ob Shakespeare alleiniger Verfasser war, bleibt bis heute offen. Neben diesem Werk gehören auch die Dramen „Coriolanus“, „Julius Caesar“ und „Antonius und Kleopatra“ zu den Römertragödien Shakespeares. Der belgische Regisseur Luk Perceval widmete sich im Wiener Volkstheater diesen Stücken und präsentierte eine Neuinterpretation unter dem Titel „ROM“, die von Julia Jost verfasst und von ihm weiter bearbeitet wurde.
Die Bühne von „ROM“ zeigte eine hohe weiße Mauer, davor ein kleines Planschbecken, möglicherweise eine Anspielung auf den Trevi-Brunnen. Hinter der Mauer herrschte gähnende Leere, durchbrochen von einigen Holzsesseln und einer Treppe. Die Inszenierung präsentierte eine Zusammenfassung von „Coriolanus“, bei der Andreas Beck in der Rolle des Protagonisten glänzte. Zudem erzählte ein Dreigespann von Kindern die Tragödie des „Titus Andronicus“ in gruseligem Licht. Der zweite Teil nach der Pause thematisierte die Ermordung Julius Cäsars, gefolgt von einer Darstellung von Mark Anton und Kleopatra.
„ROM“ vermittelt zeitlose Botschaften über die Auswirkungen von Macht, sexualisierter Gewalt und Kriegen. Die Inszenierung wurde jedoch eher als szenische Lesung denn als klassisches Drama wahrgenommen. Die freie Interpretation von Shakespeares Werken in „ROM“ mag für einige Betrachter als gewagte Neuschöpfung erscheinen, die den eigentlichen Charme der ursprünglichen Werke vermissen lässt.