Die Bregenzer Festspiele haben mit der Uraufführung von „Hold Your Breath“ auf der neu gestalteten Werkstattbühne ein ehrgeiziges Vorhaben in die Tat umgesetzt. Das Stück, das aus der Feder der Komponistin Éna Brennan stammt, wurde von David Pountney, einem ehemaligen Intendanten der Festspiele, inszeniert. Neben der Musik und den Texten trugen auch die künstlerisch ansprechenden Bühnenbilder von Hugo Canoilas zur Gesamtwirkung des Projekts bei. Die Premiere war das Resultat einer zweijährigen Strategie, die das Publikum schrittweise an die Entwicklung des Projekts heranführte. Das etwa 70-minütige Werk, das in seiner Form und Thematik ambivalente Reaktionen hervorrief, schuf eine kontroverse Diskussion über Kunst und das, was sie zu vermitteln vermag.
Das Setting und die Zuschauerinteraktion
Der Eintritt ins Theater gestaltete sich bereits als ungewöhnliches Erlebnis. Elektronische Klänge erfüllten den Raum, während die Tänzer des Ensembles in einer Art choreografiertem Chaos agierten. Das Publikum wurde aufgefordert, den Raum aktiv zu gestalten. Einige Zuschauer fanden einen Platz rund um die Szene, während andere auf Stehplätzen verweilten. Ein einberufenes Instrumentalensemble, angeleitet von der Dirigentin Karen Ní Bhroin, inspirierte die Atmosphäre mit einer einleitenden Fanfare. Der erzählerische Aufruf des Sprechers, gespielt von Sam Furgess, forderte das Publikum dazu auf, soziale Distanz zu wahren und Gruppen zu bilden, was die Idee der Gemeinschaft im Rahmen des Theaters besonders unterstrich.
Die visuellen Elemente und ihre Wirkung
Canoilas‘ visuelle Gestaltung war ein weiterer zentraler Bestandteil der Aufführung. Sein riesiges Kunstwerk, das eine geheimnisvolle, rötlich beleuchtete Krake darstellt, wurde in das Setting integriert und erwies sich als eindrückliches, symbolisches Element. Diese Krake, die mit ihren siebenfußigen Tentakeln über der Szenerie schwebte, war nicht nur ein Hingucker, sondern stellte auch eine stilisierte Metapher für drohendes Unheil dar. Die Kostüme, ebenfalls von Canoilas entworfen, trugen zur visuellen Erzählung bei und verstärkten die emotionale Verbindung des Publikums zur Inszenierung.
Die Herausforderungen der Verständlichkeit
Ein kritischer Punkt der Premiere war die Verständlichkeit der eingesetzten Texte. Pountneys englische Sprache war oft nur schwer zu erfassen, und die deutsche Übersetzung auf einem verdeckten Bildschirm konnte kaum Abhilfe schaffen. Diese sprachlichen Schwierigkeiten versteckten die Tiefe der Botschaften und verringerten den emotionalen Einfluss der Aufführung, was bedauerlich war, insbesondere in Anbetracht der ambitionierten künstlerischen Vision hinter „Hold Your Breath“. Das entscheidende Bild von Canoilas wurde durch den schlechten Lichteinfall und die Inszenierungsansätze seiner eigenen Textur verunreinigt, was die Wahrnehmung der komplexen Inhalte zusätzlich erschwerte.
Ein ambivalentes Regiekonzept
Die Regieführung von Pountney setzte auf dynamische, interaktive Elemente, die als Teil eines „Mitmach-Theater“ konzipiert waren. Diese Form der Umsetzung organischer und spontaner Gruppenbewegungen schuf ein Gefühl von Zusammengehörigkeit, wurde jedoch von vielen als zu chaotisch und wenig definiert wahrgenommen. Insbesondere die Absicht, durch Tanz gegen gesellschaftliche Reglements zu demonstrieren, erfand sich in der praktischen Anwendung als weniger wirkungsvoll. Der Tonsatz von Brennans Musik war oftmals monoton und wirkte nicht immer im Einklang mit den visuellen Aspekten der Aufführung, was zu einem insgesamt fehlenden Gefühl der Einheit führte.
Ein Blick auf das große Ganze
Trotz der Schwächen in der Verständlichkeit und der Regieführung bleibt das Stück ein spannendes Experiment, das versucht, aktuelle Themen wie die Klimakrise und gesellschaftliche Einschränkungen in einem künstlerischen Rahmen zu beleuchten. „Hold Your Breath“ ist mehr als nur eine Aufführung; es ist ein Ausdruck des interdisziplinären Dialogs zwischen verschiedenen Kunstformen und eröffnet neue Wege, wie Theater das Publikum ansprechen kann, während es gleichzeitig wichtige gesellschaftliche Fragen thematisiert.