Bregenz. Am Sonntag, den 4. August 2024, öffnet die Siechenkapelle an der Gallusstraße ihre Türen für Interessierte. Um 11:15 Uhr beginnt eine geführte Exkursion durch diesen historischen Wallfahrtsort, geleitet von Thomas Steurer. Die Siechenkapelle, auch unter dem Namen „Unsere Liebe Frau“ bekannt, hat eine bemerkenswerte Geschichte, die bis ins Jahr 1400 zurückreicht.
Die Ursprünge der Siechenkapelle
Die Kapelle wurde von Graf Hugo II. von Montfort gestiftet, um den Menschen zu gedenken, die an Lepra litten – eine Krankheit, die im Mittelalter verheerende Folgen hatte und auch in der Region rund um Bregenz nicht unbekannt war. Lepra, eine chronische Infektionskrankheit, führte oft zu sozialer Isolation, was die Errichtung von Einrichtungen wie Kapellen und Siechenhäusern notwendig machte, um den Bedürfnissen der Kranken gerecht zu werden.
Architektur und Renovierungen
Im Jahr 1401 genehmigte der Abt Heinrich von Mehrerau den Bau der Kapelle, die in dem alten Siechensteig errichtet wurde und an ein Siechenhaus angrenzte. Die erste Weihe der Kapelle fand im darauf folgenden Jahr statt – eine wichtige Zeremonie, die die Bedeutung des Ortes unterstreicht. Im Laufe der Jahrhunderte wurden verschiedene Renovierungen vorgenommen, wobei der Betraum zwischen 1744 und 1746 nach Entwürfen von Jakob Albrecht neu erstellt wurde, während der ursprüngliche Chorraum erhalten blieb. Die letzte größere Renovierung fand 1982 statt, bei der auch der Außenbereich samt Skulpturen neu gestaltet wurde.
Verbindung zum Siechenhaus
Die Siechenkapelle hat eine enge Verbindung zum angrenzenden Siechenhaus. Dieses historische Haus wurde als eine der ersten spitalsähnlichen Einrichtungen im Gebiet ins Leben gerufen. Sein Zweck war es, den an Lepra leidenden Menschen Unterkunft und Pflege zu bieten. 1664 erfuhr das Siechenhaus einen umfangreichen Umbau, geleitet von dem Architekten Michael Kuen. In den 1980er-Jahren gelangte das Grundstück in den Besitz der Illwerke VKW AG, die es seither für firmeninterne und kulturelle Veranstaltungen nutzt. Dies zeigt, wie historisch wertvolle Gebäude moderne Nutzungen finden können.
Bedeutung für die Gemeinschaft
Die Siechenkapelle stellt nicht nur ein architektonisches Erbe dar, sondern hat auch eine tiefe emotional-kulturelle Bedeutung für die Gemeinschaft von Bregenz. Das Interesse an Führungen und die Förderung von Veranstaltungen sind Zeichen einer lebendigen Erinnerungs- und Identitätskultur. Besonders die Sommerkirche ermutigt die Bewohner und Besucher, sich mit der Geschichte und der Spiritualität des Ortes auseinanderzusetzen.
Ein Ort der Besinnung
Die Kapelle fungiert als Ort der Stille und des Gedenkens, wo Menschen zusammenkommen, um in einer oft hektischen Welt innezuhalten und zu reflektieren. Sie lädt dazu ein, die eigene Spiritualität zu erforschen und verbindet mit einer tief verwurzelten Tradition, die bis zu den Anfängen der Kapelle zurückreicht. Die anstehende Führung ist eine wertvolle Gelegenheit, mehr über die Historie und die Bedeutung dieses besonderen Ortes zu erfahren und sich mit der eigenen Geschichte zu verbinden.
Einblick in die regionale Geschichte
Zusammenfassend ist die Siechenkapelle mehr als nur ein historisches Gebäude. Sie ist ein Zeuge der vergangenen Herausforderungen und der Resilienz der Gemeinschaft, die sich über Jahrhunderte hinweg entwickelt hat. Der heutige Besuch und die Erhaltung solcher Stätten sind entscheidend für das Bewusstsein und das Verständnis unserer gemeinsamen Geschichte, besonders in einer sich ständig verändernden Welt.