
Die Debatte über Vorarlbergs mögliche Zugehörigkeit zur Schweiz, die im Jahr 1919 ihren Ursprung fand, gewinnt aktuell wieder an Brisanz. Am 11. Mai 1919 stimmte die Bevölkerung Vorarlbergs in einem Referendum darüber ab, ob die Landesregierung Beitrittsverhandlungen mit der Schweiz aufnehmen sollte. Mit einer überwältigenden Mehrheit von 81,2 % bei einer Wahlbeteiligung von 81 % sprachen sich die Wähler für diese Verhandlungen aus. Die Diskussion hat in sozialen Medien, insbesondere auf Plattformen wie Reddit, neue Impulse erhalten, wo über die historischen Ereignisse und mögliche alternative Szenarien spekuliert wird. Vol.at berichtet, dass die politische Situation nach dem Ersten Weltkrieg geprägt war von dem Zerfall Österreich-Ungarns und einer erheblichen wirtschaftlichen Not in Vorarlberg.
Die Unterstützung für den Beitritt zur Schweiz war in der Bevölkerung laut verschiedenen Berichten stark ausgeprägt. Doch trotz der breiten Zustimmung gab es signifikante Widerstände aus wichtigen gesellschaftlichen Gruppen, darunter Industrievertreter, Eisenbahner und der Klerus. Der Begriff „Kanton Übrig“ wurde von Anton Zumtobel geprägt und sollte ironisch auf die Ambitionen Vorarlbergs anspielen. Auch die Schweiz selbst signalisierte anfangs Gesprächsbereitschaft, blieb jedoch in der entscheidenden Phase neutral.
Hintergründe und Ergebnisse der Volksabstimmung
Die Volksabstimmung fand vor dem Hintergrund einer unklaren politischen Zukunft für Deutschösterreich statt. Vorarlberg litt schwer unter der Nachkriegswirtschaft, was das Verlangen nach einem Anschluss an die benachbarte Schweiz verstärkte. Berichten zufolge lebten in Vorarlberg vor allem einfache Bürger, die den Anschluss wünschten, während die Eliten mehrheitlich für einen Verbleib in Deutschösterreich votierten. Am Tag der Abstimmung nahmen 57.655 Stimmberechtigte (81 %) teil, wobei 46.825 von ihnen (81 %) für die Beitrittsverhandlungen stimmten. In fast allen Gemeinden fand das Vorhaben Unterstützung, ausgenommen waren jedoch die Gemeinden Bludenz, Hittisau und Bolgenach. Wikipedia weist darauf hin, dass die Abstimmung aus Sicht der Vorarlberger eine Möglichkeit darstellte, eine Stimme in der unsicheren Nachkriegszeit zu finden.
Nichtsdestotrotz wurde das Beitrittsgesuch im März 1919 in Bern lediglich vom Schweizer Außenminister empfangen. Der österreichische Bundeskanzler Karl Renner stellte sich gegen die Vorstellung eines Anschlusses und die internationalen Reaktionen waren überwiegend negativ. Der „Rat der Vier“ – bestehend aus den USA, Großbritannien, Frankreich und Italien – gab am 17. Dezember 1919 bekannt, dass eine Abspaltung Vorarlbergs von Österreich nicht unterstützt werden würde. Diese Entscheidung hinderte Vorarlberg daran, seinen Wunsch nach Unabhängigkeit zu verwirklichen.
Folgen für Vorarlberg
Nach der Abstimmung wurde Vorarlberg durch den Vertrag von Saint-Germain im Jahr 1919 Teil der Republik Österreich. 1920 fand die verfassungsrechtliche Verankerung als Bundesland statt. Otto Ender, der Landeshauptmann von Vorarlberg, hatte sich stark für den Beitritt zur Schweiz eingesetzt und wurde später österreichischer Bundeskanzler. Die Ambitionen für einen Anschluss an die Schweiz verloren jedoch mit der Stabilisierung der Republik Österreich an Bedeutung. Der letzte Rest der Abspaltungsbewegung wurde in den folgenden Jahren bedeutungslos.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die historische Volksabstimmung von 1919 nicht nur für die Identität Vorarlbergs prägend war, sondern auch als ein bedeutendes Beispiel für die komplexen politischen Umstände in der Nachkriegszeit gilt. Austria-Forum erläutert zudem, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die Entfremdung von Wien das Streben nach einem Anschluss zur Schweiz anheizten, jedoch letztlich die Widerstände beide Vorhaben verhinderten. Die Diskussion über diese Ereignisse und deren Auswirkungen bleibt aktuell und regt weiterhin zu Debatten an.
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