Der italienische Ex-Regierungschef Enrico Letta hat gestern im Auftrag des Europäischen Rates einen Bericht zur Lage des europäischen Binnenmarktes veröffentlicht. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass der europäische Binnenmarkt, der sich langsam von verschiedenen Krisen erholt, vor der Herausforderung steht, die grüne und digitale Transformation zu bewältigen und seinen Anteil an der Weltwirtschaft wieder zu steigern.
Die Präsidentin der Wirtschaftskammer Tirol, Barbara Thaler, ist jedoch anderer Meinung. Sie glaubt nicht, dass der Binnenmarkt komplett neu erfunden werden muss. Stattdessen fordert sie eine Wiederauferstehung der Werte, die den Wirtschaftsstandort Europa in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich gemacht haben. Zu diesen Werten gehören Fähigkeiten, Talente, Forschung, Innovation, Integrität der Behörden, sichere Umgebungen und faire Steuersysteme. Thaler betont, dass der Fokus darauf liegen sollte, diese Elemente zu stärken, anstatt auf die fortwährende Subventionierung durch Steuerzahler zu setzen.
Für die Tiroler Wirtschaft ist der europäische Binnenmarkt von großer Bedeutung. Über 60 % der Tiroler Exporte gehen in die anderen EU-Mitgliedsstaaten. Thaler betont, dass die enge wirtschaftliche Verflechtung mit der EU für Österreich als kleine und offene Volkswirtschaft essenziell ist. Eine wirtschaftsfreundlichere Ausgestaltung des Binnenmarkts bietet große Potenziale für Wohlstand und Arbeitsplätze in Österreich.
Als konkrete Forderungen an die europäische Agenda werden eine Stärkung des KMU-Sektors und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Klein- und Mittelbetriebe genannt. Thaler betont die Notwendigkeit, Bürokratie abzubauen und die Belastung für Unternehmen zu reduzieren. Der Dienstleistungssektor ist im Vergleich zum Warenverkehr mit mehr bürokratischen Hürden verbunden, weshalb Erleichterungen für kurze und spontane Auslandseinsätze gefordert werden.
Der Letta-Bericht fordert auch konkrete Instrumente in der Industriepolitik, um den Strategien anderer Länder entgegenzuwirken, die europäische Unternehmen in die USA locken. Die WK-Präsidentin fordert daher die Entwicklung einer Industriestrategie, die die europäische Wettbewerbsfähigkeit stärkt und das Abwandern europäischer Betriebe verhindert.
Für Tirol sind nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Umweltschutz wichtige Schwerpunktthemen. Die Rahmenbedingungen auf EU-Ebene müssen so geschaffen werden, dass der Wirtschaftsstandort Tirol nicht geschwächt wird. Thaler warnt vor einer Flut an Regulierungen, die die Position Tirols gefährden könnten, und betont die Notwendigkeit, Anreize für eine nachhaltigere und wettbewerbsfähigere Transformation des Binnenmarkts zu schaffen, anstatt nur Strafandrohungen aufzustellen.
Tabelle:
Folgende Tabelle zeigt den Anteil der Tiroler Exporte am europäischen Binnenmarkt im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedsstaaten:
Land | Anteil der Tiroler Exporte am europäischen Binnenmarkt |
---|---|
Deutschland | 30 % |
Italien | 20 % |
Frankreich | 10 % |
Niederlande | 8 % |
Belgien | 6 % |
Spanien | 5 % |
Rest | 21 % |
Es ist deutlich ersichtlich, dass Deutschland der wichtigste Exportmarkt für Tirol ist, gefolgt von Italien, Frankreich und den Niederlanden. Diese Daten unterstreichen die Bedeutung des europäischen Binnenmarktes für die Tiroler Wirtschaft.
Quelle: Wirtschaft Tirol