Österreich steht vor einer neuen Ära in Bezug auf seine Sicherheitsstrategie. Peter Vorhofer, der neue Regierungsberater für Sicherheitsfragen, hat kürzlich die aktualisierte Sicherheitsstrategie vorgestellt. Diese strategischen Überlegungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem die Welt auf ein „multipolares, konfrontatives Weltsystem“ zusteuert, wie Vorhofer erklärt. Laut ihm sei die geografische Lage Österreichs kein garantierter Schutz mehr, da Herausforderungen wie Cyberangriffe und Lieferkettenprobleme nationalen Grenzen gleichgültig gegenüberstehen.
Mit dem Inkrafttreten des Krisensicherheitsgesetzes ist es Ziel, die Koordination in Sicherheitsfragen zu verbessern. Ein neues Lagezentrum im Innenministerium wird zur besseren Überwachung von Sicherheitslagen und Krisen eingerichtet. Dieses Zentrum soll bis 2028 betriebsbereit sein und bietet die Grundlage für eine strategische Oberansicht der Sicherheitslage des Landes. Vorhofer betont die Notwendigkeit, Krisen frühzeitig zu erkennen und entsprechend vorzubereiten. Ein neu entwickeltes „Krisenthermometer“ soll helfen, aktuelle Risiken zu bewerten und politische Handlungsoptionen zu entwickeln.
Wichtige Merkmale der neuen Strategie
Eines der zentralen Elemente der neuen Sicherheitsstrategie ist der Bezug zur Neutralität Österreichs, aber auch ein klarer Kurswechsel in der Energiepolitik – der Ausstieg aus russischem Gas wird konsequent verfolgt. Vorhofer hebt hervor, dass Österreich mit dieser Strategie enger mit der NATO zusammenarbeiten möchte, jedoch nur in Bereichen, die mit der Neutralität des Landes vereinbar sind, wie z.B. im Austausch von Informationen oder in der Katastrophenhilfe.
Diese engere Zusammenarbeit mit der NATO wird allerdings von einigen politischen Parteien wie der SPÖ und der FPÖ kritisiert. Besonders umstritten ist die Frage, inwieweit der Nationalrat und die Opposition in die Erarbeitung der neuen Strategie eingebunden wurden. Vorhofer verteidigt die Strategie als durchdacht, mit 60 Experten aus verschiedenen Ministerien, die daran beteiligt waren. Dennoch gibt es Bedenken und Unzufriedenheit in der Opposition.
Wolfgang Petritsch, ein prominenter Diplomat der SPÖ, äußert scharfe Kritik an den Prozessen, die zur Erstellung der Strategie führten. Er gesteht, dass er nach dem November 2023, als die Expertengruppe ihre Beratungen abschloss, nicht mehr eingebunden wurde. Seiner Ansicht nach hätte das Dokument eine breitere Diskussion in der Zivilgesellschaft und im Parlament erfordert, um der Strategie die nötige demokratische Legitimität zu verleihen. „Dieses Papier ist bereits wieder Makulatur“, urteilt Petritsch.
In Gegensatz zu Petritsch steht die Meinung von Ralph Janik, einem Experten der NEOS, der darauf hinweist, dass der Zeitdruck und die Befürchtungen, das Dokument könne vorab an die Öffentlichkeit gelangen, zum aktuellen Prozess geführt haben. Trotz der negativen Erfahrungen meint Janik jedoch, dass das Resultat im Endeffekt einen Fortschritt darstellt. In der neuen Strategie wird Russland nicht mehr als „Partner“ Österreichs bezeichnet, ein Hinweis auf die veränderte geopolitische Lage und die Notwendigkeit für Österreich, sich neuen Herausforderungen zu stellen.
Insgesamt ist die neue Sicherheitsstrategie ein markantes Zeichen für das Bekenntnis Österreichs zu einer aktiveren Rolle in der globalen Sicherheitspolitik. Sie fängt die sich schnell verändernden internationalen Gegebenheiten ein und stellt klar, dass Österreich gewillt ist, seine Neutralität in einem zunehmend komplexen und herausfordernden globalen Umfeld anzupassen. Die Reaktionen auf die Veröffentlichung der Strategie zeigen, dass der Diskurs über Sicherheit und Neutralität in Österreich weiterhin eine lebhafte Debatte ist, die sowohl die politischen Landschaft als auch die kommenden Jahre prägen könnte.