Ein Ort der Begegnung, des Lachens und der Kreativität: Das Jugendzentrum in Lienz bietet ein buntes Programm für die Jugendlichen der Region. Als ich die Einrichtung betrete, empfängt mich fröhliches Stimmengewirr und das Gelächter junger Besucher. Sofort werde ich von zwei Jungen, die auf einem Sofa sitzen, freundlich begrüßt. Es ist ein Hinweis darauf, wie offen und einladend die Atmosphäre hier ist. Inmitten der Sommersonne und bei hochsommerlichen Temperaturen genießen Melanie und Roland, zwei Betreuer:innen, ihr Stieleis und geben mir bereitwillig Auskunft. Meine erste Anlaufstation ist Wolfgang Walder, der Geschäftsführer des Jugendzentrums, der mich gleich neben der Küchenzeile empfängt.
Der große Raum, in dem wir stehen, ist mit einem Esstisch, einer bequemen Couch, einem Getränkeautomaten und einem Tischtennistisch ausgestattet. Es erinnert mehr an eine heimische Wohnküche als an eine öffentliche Einrichtung. Wolfgang erklärt mir, dass es hier nicht nur darum geht, Räume bereitzustellen, sondern einen Rückzugsort zu schaffen, wo sich die Jugendlichen wohlfühlen können. „Ein solcher Ort ist für sie wichtig“, betont er enthusiastisch. „Wir sind auf die Bedürfnisse der Kids eingestellt und haben viele verschiedene Möglichkeiten, damit sie ihre Freizeit aktiv gestalten können.“
Vielfältige Freizeitmöglichkeiten
Wolfgang führt mich in den oberen Stock, wo der Kreativbereich untergebracht ist. Ein roter Kordelzug markiert den Weg zu den kreativen Räumen, die nur unter Aufsicht betreten werden dürfen. Hier dringt die Begeisterung der Jugendlichen spürbar durch: Musik wird produziert, kreative Projekte werden umgesetzt. „Einige unserer ehemaligen Besucher sind jetzt in den Bars der Stadt aktiv“, erzählt Wolfgang stolz und zeigt auf die neueste Ausstattung, die alles enthält, was zum Musikproduzieren nötig ist – von Computern über Mischpulte bis hin zu Instrumenten unterschiedlichster Art. Die Ausstattung spiegelt das Engagement wider, das die Einrichtung für die Musik- und Kreativszene in Lienz hat.
Besonders beeindruckend ist der Raum, der dem Musizieren gewidmet ist und an einen Club erinnert. Ausgestattet mit einer Discokugel, Boxen und einem DJ-Pult, gibt es genügend Raum für eigene musikalische Experimente, darunter Tanzproben für lokale Feste. Wolfgang verweist darauf, dass die Jugendlichen sich hier ebenso musikalisch ausprobieren können wie in den Clubs der Stadt, wo einige mittlerweile als DJs auflegen.
Die soziale und kreative Vielfalt wird nicht nur in den musikalischen Aktivitäten deutlich, sondern auch in den handwerklichen Projekten. Ein handwerklich gut ausgestatteter Raum steht den Jugendlichen zur Verfügung, wo kleinere Reparaturen an Rollern oder Skateboards selbstständig durchgeführt werden können. Wolfgang schätzt, dass die jugendlichen Besucher oft sprunghaft sind und sagt: „Manchmal sind sie am einen Tag motiviert und am anderen nicht mehr.“ Die Flexibilität der Angebote ermöglicht es, sofort auf das Interesse der Jugendlichen zu reagieren.
Eine offene und einladende Gemeinschaft
Aber das ist nicht alles, was die Betreuer:innen erreichen wollen. Wolfgang beschreibt, dass die offene Jugendarbeit in Lienz bereits seit 1976 existiert und sich als langfristige Stütze für die Jugendlichen etabliert hat. Das neu gebaute Zentrum am Rechten Drauweg fördert durch seine Architektur die Offenheit und den Austausch. „Es ist wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen einen Raum haben, wo sie in einem geschützten Rahmen ihre Themen besprechen und austauschen können“, so Wolfgang. Gleichzeitig wird deutlich, dass es hier auch einen hohen Wert auf Vertrauen und soziale Akzeptanz gibt – ein „Wir-Gefühl“, das über Generationen hinweg gewachsen ist.
Sogar ohne schriftliche Hausordnung gelingt es den Betreuern, Gemeinschaft und Respekt zu fördern. „Wir leben die Regeln gemeinsam, und die Jugendlichen greifen oft selbst ein, wenn jemand gegen diese verstößt.“ Das Gefühl des Miteinanders zeigt sich nicht nur in den positiven Erlebnissen, die die Jugendlichen sammeln, sondern auch in den Schwierigkeiten, die sie konfrontieren. Wolfgang erklärt, dass das Team des Jugendzentrums regelmäßig in Teamsitzungen Probleme und Lösungen bespricht, um die Zusammenarbeit zu gewährleisten. „Es soll ein sicherer Ort sein. Für jede:n“, ist Wolfganges Credo.
Die Zahlen, die Wolfgang präsentiert, sind aufschlussreich: Rund 30 bis 50 Jugendliche besuchen täglich die Einrichtung, wobei die Zahl im Winter tendenziell höher ist als im Sommer. Die Anzahl der Mitglieder ist ebenfalls beeindruckend, mit über 400 ausgestellten Mitgliedsausweisen allein im Jahr 2024. Diese Mitglieder geben den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, Materialien zu nutzen und zusammenzukommen – eine wichtige soziale Verbindung in der heutigen Zeit.
Dennoch wird auch über die Herausforderungen der offenen Jugendarbeit reflektiert. Wolfgang meint, dass die Erwartungen an ein öffentliches Jugendzentrum steigen, während die Vorurteile über diese Räume oft veraltet sind. „Es ist wichtig, dass wir Unterstützung erhalten und ein Platz für die Jugendlichen bleibt, um sich frei zu entfalten“, sagt Wolfgang und weist darauf hin, dass Unterstützung durch die Stadt und das Land für die Einrichtung von essenzieller Bedeutung ist.
Das Jugendzentrum in Lienz ist also mehr als nur ein Ort zur Freizeitgestaltung; es fungiert als ein Zentrum der Begegnungen, der Kreativität und des Vertrauens. Die engagierten Betreuer:innen, die stets ein offenes Ohr haben, stehen im Mittelpunkt dieses bunten Lebensraums und tragen entscheidend zu seiner positiven Anziehungskraft bei. Wolfgangs abschließendes Wort fasst den Geist des Zentrums perfekt zusammen: „Es ist wichtig, dass die Kids einen Raum haben, in dem sie sich zugehörig fühlen und ihre Talente ausleben können.“