In einem Gespräch mit der APA hat der 65-jährige Gerhard Berger offen über seine Gedanken zum Älterwerden und seine Karriere im Motorsport reflektiert. Der Tiroler, der nicht nur als ehemaliger Formel-1-Fahrer bekannt ist, sondern auch als Unternehmer und Motorsportstratege, zeigt in seinen Aussagen eine Mischung aus Nostalgie und Realität, während er über das Ende dieser Lebensphase nachdenkt.
„Ich würde mir sogar etwas mehr Ruhestand wünschen“, gestand Berger in dem Interview und ließ damit durchblicken, dass er mit der Vorstellung, älter zu werden, hadert. „Wenn ich die Zahl 65 sehe, denke ich mir: Das gibt es nicht! Man fühlt sich weder beim Reden noch im Kopf so, körperlich vielleicht ein bisschen, aber man kann es überhaupt nicht glauben und verstehen“, schilderte er sein inneres Unbehagen. Die Tatsache, dass die „Zielgerade“ seiner Biografie näher rückt, beeinflusst seine Gedanken über die Zukunft.
Ein Leben im Motorsport
Berger wurde in Wörgl geboren und ist seit seiner Kindheit von Motoren umgeben. Sein Weg in die Formel 1 war kein Zufall. Durch seine engagierten Förderer, insbesondere Helmut Marko, schaffte er den Sprung ins Renngeschäft. Sein Debüt in der Königsklasse gab er 1984, und im Laufe seiner Karriere war er für bekannte Teams wie Ferrari und McLaren aktiv. Berger ist bekannt für seine Leistungen auf der Strecke, einschließlich zehn Grand-Prix-Siegen und insgesamt 48 Podestplätzen.
Besonders bleibend ist für ihn der Feuerunfall in Imola 1989, den er relativ glimpflich überstand. „Es war die beste Zeit“, äußerte Berger überschwänglich über seine Formel-1-Jahre und hebt hervor, dass die Autos damals „richtige Monster“ waren. Die Zeiten haben sich gewandelt, was er an der neuen Welt der sozialen Medien erkennt, die ihm unbekannt ist.
Berger als Unternehmer und Vater
Nach seinem Rücktritt von der aktiven Rennsportkarriere blieb er dem Motorsport treu. Von 1998 bis 2003 war er BMW-Motorsportchef, und bis 2022 fungierte er als Vorsitzender der ITR, der ehemaligen Dachorganisation der DTM. Diese Rollen hielten ihn im Motorsport verwurzelt, doch mittlerweile genießt Berger den Wandel seiner Rolle in diesem Bereich. Anstatt selbst aktiv zu sein, verfolgt er die Rennen meist als interessierter Beobachter und besucht gelegentlich die Events in Bahrain und Spielberg. „Im Jahr 24 Rennen weltweit zu besuchen, das schaffe ich nicht mehr“, sagte er und zeigt damit seine realistische Einstellung zu den Anforderungen, die solche Positionen mit sich bringen.
Abseits der Rennstrecke ist Berger auch als Familienvater stark gefordert. Mit seiner aktuellen Partnerin Helena kümmert er sich um die beiden gemeinsamen Kinder, Ella und Johann, die 10 und 7 Jahre alt sind. Er gestand, dass insbesondere sein Sohn, der im Kartsport erste Schritte unternimmt, ihn auf Trab hält. „Ich habe ja noch zwei sehr junge Kinder, ich habe auch nicht so richtig jemanden für meine Betriebe gefunden“, erklärte er und stellt damit klar, dass ihm die Verantwortung sowohl im Familien- als auch im Geschäftsleben nicht leichtfällt.
Gesundheit wird in diesem Alter zunehmend wichtiger für Berger. „Das Ganze würde nur Sinn machen, wenn man wieder jünger wäre“, nachdem er über eine mögliche Rückkehr in eine führende Rolle nachdachte. Die Leistung älterer Kollegen, wie Helmut Marko, den er bewundert, nimmt er jedoch zur Kenntnis. Berger räumt ein, dass jeder eine andere Lebensphilosophie hat und dass sein Ansatz anscheinend anders gelagert ist.
Dennoch bleibt er ein Idol im Motorsport. Auch nachdem er sich von den aktiven Rollen zurückgezogen hat, bleibt seinen Fans und dem Motorsport-Publikum sein Name und seine Geschichte im Geiste lebendig. Berger ist ein lebendes Beispiel dafür, wie man sich sowohl im Sport als auch im Leben weiterentwickeln und anpassen kann, während man gleichzeitig die Erinnerungen an große Zeiten bewahrt.
Einflussreiche Figur im Motorsport
Gerhard Berger hat nicht nur als Fahrer, sondern auch als Verantwortlicher im Motorsport bedeutende Spuren hinterlassen. Seine Rolle als BMW-Motorsportchef war besonders prägend, als er von 1998 bis 2003 das Team leiten konnte. Unter seiner Ägide wurden wichtige technische Entwicklungen vorangetrieben, die BMW in der Formel 1 letztendlich wieder an die Spitze führten. Der Schwerpunkt lag dabei auf der Balance zwischen Leistung und Zuverlässigkeit, was sich in den Erfolgen von BMW widerzuspiegeln ließ.
Darüber hinaus war Berger maßgeblich an der Neupositionierung von Toro Rosso beteiligt, einem Team, das schwerpunktmäßig als Talentschmiede für junge Fahrer gelten sollte. Dies führte unter anderem zur Förderung von Fahrern wie Sebastian Vettel, der später Weltmeister werden sollte. Die Entscheidung, auf junge Talente zu setzen, stellt eine wichtige Innovationsstrategie im Motorsport dar, die auch heute noch viele Teams prägt.
Die Entwicklung des Motorsports im digitalen Zeitalter
Die Einflüsse des digitalen Zeitalters bleiben für Berger nicht unangetastet. Die moderne Medienlandschaft verändert die Wahrnehmung und das Marketing des Motorsports erheblich. Während Berger zu einem Zeitpunkt fuhr, als das Publikum hauptsächlich durch Fernsehen und Printmedien informiert wurde, spielt jetzt das Internet eine zentrale Rolle. Soziale Medien ermöglichen es Fans, in Echtzeit mit Fahrern zu interagieren, was zwar das Fan-Erlebnis bereichert, aber auch zusätzlichen Druck auf die Fahrer ausübt.
Die Entwicklung der Technologie wirkt sich auch auf die Fahrzeuge selbst aus. Berger äußerte, dass die heutigen Autos im Vergleich zu früheren „Monstern“ viel komplexer sind, was sowohl Vorteile in Bezug auf Leistung und Sicherheit als auch Herausforderungen in Bezug auf Technikverständnis und das Fahrverhalten mit sich bringt.
Aktuelle Herausforderungen im Motorsport
Ein zentrales Thema, das den Motorsport derzeit beeinflusst, ist der Nachhaltigkeitsgedanke. Die Automobilindustrie befindet sich in einem Wandel hin zu umweltfreundlicheren Technologien. In diesem Zusammenhang wird der Motorsport oft kritisch betrachtet. Berger himself hat betont, wie wichtig es ist, auch in Zukunft konzepte zu entwickeln, die sowohl spektakulär sind als auch den Umweltanforderungen gerecht werden.
Die Formel E beispielsweise, eine Rennserie, die ausschließlich mit Elektrofahrzeugen ausgetragen wird, hat potenziell einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung des Motorsports in der breiten Öffentlichkeit. Berger hat die Entwicklungen in der Elektroantrieb-Technologie verfolgt und sieht hier große Chancen für die Zukunft, könnte es doch der Schlüssel sein, die Faszination des Motorsports aufrechtzuerhalten, während man die drängenden Umweltfragen in der Gesellschaft adressiert.