Innsbruck

Kunst der Trauer: Polyharmonique und Cestis Passionswerk im Test

„In Wien wurde das vergessene Passionswerk von Antonio Cesti vom Vokalquintett Polyharmonique zum Leben erweckt – aber kann es mit der Dramatik anderer Barockwerke mithalten?“

Die Musikgeschichte hat immer wieder ihre Überraschungen bereithalten können, und gerade der Barock bietet eine Fülle an großartigen Komponisten, die es verdienen, entdeckt zu werden. Antonio Cesti, dessen Oper „Il Pomo d’oro“ im Jahr 1668 in Wien uraufgeführt wurde, ist eine dieser schillernden Figuren. Mit einer beeindruckenden Spiellänge von etwa acht Stunden zeichnet sich dieses Werk als das längste der Barockzeit aus. Nach diesem bedeutenden Erfolg jedoch wird es um Cesti relativ still, trotz seiner Tätigkeit in Innsbruck, Rom und am Kaiserhof der Habsburger.

Aktuell bringt das Vokalquintett Polyharmonique in Zusammenarbeit mit dem Ensemble Teatro del Mondo ein weniger bekanntes Passionswerk von Cesti auf die Bühne. Dieses Stück, entstanden in Wien, beleuchtet die Trauer der Natur und der vier Elemente über den Tod Jesu. Es ist ein Werk, das metaphorisch mit seinen emotionalen Ausdrucksformen spielt, jedoch in seiner Umsetzung auf der Bühne eher unentschlossen wirkt.

Ein Werk voller Gegensätze

Das Passionswerk ist als einstündige Darbietung konzipiert, die aus langen und wenig abwechslungsreichen Rezitativen besteht. Diese werden ab und an durch kurze Arien und Ritornelle unterbrochen. Dennoch kann man sagen, dass dieses Werk in seiner Gesamtheit eher zufällig erscheint und sich nicht mit der dramatischen Kraft anderer Passionsstücke des 17. Jahrhunderts messen kann.

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Die Sänger des Polyharmonique-Ensembles präsentieren ihre Stimmen mit bewundernswerter Klarheit und Schönheit. Jedoch scheint es, als ob die wahre Stärke des Ensembles nicht zur Geltung kommt, da das ausgewählte Stück nicht die richtigen Voraussetzungen bietet. Ein A-cappella-Ensemble sollte in einem Werk glänzen, das ihm sowohl stimmliche als auch ästhetische Freiheit bietet, was in diesem Fall nicht gegeben ist.

Die Aufführung verdeutlicht die Herausforderungen, die mit der Aufführung älterer Werke einhergehen können, insbesondere wenn die Dramaturgie und musikalische Vielfalt fehlen. Dies eröffnet Fragen: Wie können moderne Ensembles mit solchen historischen Stücken umgehen, die zwar einen bedeutenden Platz in der Geschichte einnehmen, aber in der Praxis nicht die gleiche Resonanz hervorrufen?

Gerade in einem Zeitraum, in dem die Wiederentdeckung vergessener Musik einen regelrechten Boom erlebt, bleibt es spannend zu beobachten, wie die Rezeption dieser Werke erfolgt. Wenn die Darbietung nicht die gewünschte emotionale Tiefe erreicht, kann das Publikum oft schnell das Interesse verlieren. Dadurch wird die Diskussion über die Relevanz und die Möglichkeiten solcher historischen Aufführungen umso wichtiger.

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Bernhard Schrammek, radio3

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