Innsbruck

Innsbrucker Festwochen: Giacomellis ‚Cesare‘ erweckt Barockgeschichte

Innsbruck erlebt ein musikalisches Comeback: Dirigent Ottavio Dantone bringt das fast vergessene Barockwerk „Cesare“ von Giacomelli auf die Bühne – ein echter Geheimtipp!

In Innsbruck wird derzeit eine Oper aufgeführt, die fast in Vergessenheit geraten ist: „Cesare“ von Geminiano Giacomelli. Diese Aufführung, die am 8. August 2024 im Tiroler Landestheater Premiere feierte, markiert den Beginn der Amtszeit von Ottavio Dantone als neuer musikalischer Leiter der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik. Giacomellis Werk ist von der Handlung her ideenreich, jedoch steht es im Schatten von Händels berühmterer Oper, die auf demselben Libretto basiert und Jahre zuvor, nämlich 1724, uraufgeführt wurde. Viele Opernliebhaber stellen sich die Frage, ob es notwendig ist, solch ein fast vergessene Werk wieder auf die Bühne zu bringen.

Das musikalische Erbe und die Bedeutung der Aufführung

Giacomelli war ein angesehener Komponist seiner Zeit, wirkte als Kapellmeister in verschiedenen Städten und hinterließ mit rund 20 Opern ein beachtliches musikalisches Erbe. Dabei waren einige seiner Arien so populär, dass sie von anderen Komponisten wie Vivaldi und Händel aufgegriffen wurden. Diese Verbindung zwischen den Komponisten zeigt die Wertschätzung, die sie untereinander hatten. Dennoch ist Giacomellis „Cesare“ heute kaum bekannt, sodass die Entscheidung von Dantone, dieses Werk neu zu beleben, sowohl mutig als auch herausfordernd ist. Es bleibt abzuwarten, ob diese Wiederentdeckung das Stück dauerhaft ins Repertoire katapultieren kann.

Der Premierenabend und die musikalische Umsetzung

Am Premierenabend war deutlich zu spüren, dass die Ensemblemitglieder, die fast alle bereits durch den Cesti-Wettbewerb bekannt sind, sich in ihren Rollen wohlfühlten. Besonders hervorzuheben sind zwei solistische Leistungen: Arianna Vendittelli, die die Titelrolle mit bemerkenswerter vokaler Kraft und Präsenz verkörperte, und Federico Fiorio, der den Senator Lepido mit einer leichten, aber kraftvollen Stimme gestaltete. Ihr musikalisches Zusammenspiel brachte einige Momente des Lichts in ein Werk, das ansonsten von einem Gefühl der Monotonie geprägt war.

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Ein Regisseur im Spannungsfeld von Tradition und Innovation

Regisseur Leo Muscato stellte das Stück auf eine moderne Weise dar, die jedoch nicht ohne Schwierigkeiten war. Die Szenerie zeigt eine Mischung aus antiken und zeitgenössischen Elementen, und die Charaktere tragen moderne Requisiten, was Fragen zur Authentizität aufwirft. Bei der Inszenierung schaffte Muscato es, die Auftritte sowohl visuell ansprechend als auch dramatisch zu gestalten, wobei einige Szenen unfreiwillig komisch wirkten. Nichtsdestotrotz war die Inszenierung insgesamt fesselnd genug, um das Publikum in ihren Bann zu ziehen.

Dantones Ansatz zur Musikinterpretation

Dantones Arrangement der Partitur zeigt seinen tiefen Respekt gegenüber Giacomellis Musik und trägt zur Neubelebung des Werks bei. Trotz dieser Bemühungen fehlte es der Aufführung an emotionaler Tiefe und dramatischen Kontrasten, die für ein packendes Opernerlebnis unerlässlich sind. Der Dirigent geht nicht über die Grenzen des traditionellen Barock hinaus, was die zugrunde liegende Komplexität der Charaktere und die Dramaturgie der Handlung nicht ausreichend zur Geltung bringt. Ein Verstärkter Einsatz von Kontrasten hätte das Stück lebendiger gestalten können.

Ein Blick auf die Handlung

Die Handlung von „Cesare“ folgt den dramatischen Verwicklungen um Cäsar, der nach Ägypten reist, wo er auf die gebannten Römer und die intriganten ägyptischen Monarchen trifft. Die tragische Geschichte dreht sich um Macht, Rache und die Liebe zwischen Cäsar und Cleopatra. Sie thematisiert universelle menschliche Konflikte und bietet Raum für musikalische Entfaltung, wird aber durch die repetitiven Strukturen der Arien limitiert.

Ausblick auf die Zukunft des Barockrepertoires

Trotz der Herausforderungen und Schwächen, die „Cesare“ mitbringt, wird die Entscheidung, das Werk aufzuführen, als wichtige Resonanz für das Barockrepertoire gewertet. Die spätere Aufzeichnung der Aufführung wird nicht nur als Dokumentation dienen, sondern könnte für zukünftige Aufführungen von Bedeutung sein. Diese Art von Engagement, das weniger bekannte Werke unter die Lupe zu nehmen, könnte das Interesse an der Barockoper im Allgemeinen wieder ankurbeln und dazu führen, dass Werke von Giacomelli und anderen aus der Vergessenheit zurückgeholt werden.

Quelle/Referenz
merkur.de

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