Der österreichische Einzelhandel steht vor enormen Herausforderungen, die in den letzten Monaten immer offenkundiger wurden. Laut Inga Horny von Klagenfurt Marketing erleben wir einen echten Umbruch. Vor allem hohe Mieten machen es schwer, dass Geschäfte neu vermietet werden können. Clemens Sagmeister, der Obmann der Wirtschaftsgemeinschaft Bregenz, bekräftigt diese Sichtweise und bezieht sich auf eine umfassende Recherche der APA, die die aktuelle Situation untersucht hat.
Der Einfluss des Onlinehandels auf den textile Einzelhandel ist unübersehbar. Inga Horny merkt an, dass speziell große Geschäftsräume Schwierigkeiten haben, nachvermietet zu werden. Viele dieser Flächen erstrecken sich über mehrere Etagen, was die Situation zusätzlich verkompliziert. Regioplan-Standortberaterin Ines Delic erklärt, dass die Flächen oftmals einfach zu groß sind und die Tendenz zum Online-Shopping diese Problematik verstärkt. Sie prophezeit nicht nur weitere Insolvenzen im stationären Handel, sondern auch eine zunehmend schwierigere Lage in Städten sowohl großer als auch kleiner Dimensionen.
Die Situation der Handelsflächen
Die Problematik geht über die bloßen Zahlen hinaus. Viele Handelsimmobilien weisen gravierende Mängel auf, besonders die Bausubstanz. Horny erwähnt, dass in Klagenfurt Flächen in einem derart schlechten Zustand sind, dass sie nur schwer vermietet werden können. Faktoren wie unzureichende Sanitäranlagen oder fehlende Aufenthaltsräume für Mitarbeiter tragen zur Ermüdung der Nachfrage bei.
Um einen Ausweg aus der aktuellen Misere zu finden, betonen mehrere Experten die Notwendigkeit, das Wohnen in den Innenstädten zu fördern. Horny erklärt, dass die Innenstädte erneut als attraktive Wohnräume gestaltet werden müssen. Auch die Verknüpfung von Einkaufserlebnissen spielt eine entscheidende Rolle. Die jüngere Generation gibt ihr Geld zunehmend anders aus – sie bevorzugt Second-Hand-Käufe oder investiert in Erlebnisse statt in materielle Güter. Diese Anpassungen könnten zur Belebung der Einkaufsstraßen beitragen.
Die Wirtschaftsforscherin Ines Delic hebt hervor, dass ein passender Mix an Geschäften notwendig ist, um die Kundschaft anzulocken. Während der Konsum insgesamt zu sinken scheint, bleibt die Frage offen, welche Rolle der Tourismus für die Einkaufsstraßen spielt. Marcus Scheiblecker vom Wifo führt an, dass gegenwärtig rund 90 Prozent der Leerstände durch die schwache Konjunktur verursacht werden. Diese Krise, so beschreibt er weiter, ist eine der schwierigsten der letzten 50 Jahre. Er erwartet jedoch, dass sich die Lage nach 2025 verbessern könnte.
Die Lage in verschiedenen Städten
In Salzburg leidet die Getreidegasse unter den gleichen Schwierigkeiten, obwohl sie zu den heißesten Retailstandorten Österreichs gehört. Berichten zufolge liegt der Leerstand aktuell bei etwa 7 Prozent, wobei die Mietpreise in dieser beliebten Einkaufsstraße stark variieren und die durchschnittliche Fläche nur 106 Quadratmeter beträgt. In Innsbruck hingegen gibt es gegenwärtig weniger Leerstände, was laut Michael Perger vom Zentrumsverein mit dem „funktionierenden Städtetourismus“ zusammenhängt.
In Graz sieht die Situation ebenfalls nicht rosig aus. Trotz einer niedrigen Leerstandsquote von 3,2 Prozent in den zentralen Handelslagen hat sich die Verkaufsfläche dort seit 2014 merklich reduziert. Das Handelsklima in Graz wird durch die Vielzahl an „Einzelkämpfern“ gekennzeichnet, im Gegensatz zu den größeren Filialen in Wien.
In Vorarlberg wird die Lage in ländlichen Gebieten als prekär beschrieben. Insbesondere in Dornbirn zeigt sich der Trend, dass das Anmieten von Geschäftsräumen nicht mehr so mühelos vonstattengeht. Die hohe Nachfrage in Toplagen bleibt bestehen, aber wie die lokale Werbegemeinschaft berichtet, nutzen potenzielle Mieter die Situation nun anders als früher.
In Anbetracht dieser dynamischen Entwicklungen wird deutlich, dass sich der Einzelhandel in Österreich dringend anpassen muss. Angefangen bei innovativen Konzepten bis hin zur Neugestaltung der Innenstädte, die sowohl als Einkauf als auch als Wohnraum dienen, sind Lösungen gefragt, um den Leerständen im stationären Handel entgegenzuwirken. Der Wandel ist notwendig, um die Attraktivität der Einkaufsstraßen zu halten und eine nachhaltige Zukunft für den Einzelhandel zu sichern.